T. Lux Feininger

Textsammlung

Textbeiträge unterschiedlicher Autoren zum Künstler und seinem Werk

Philip Ursprung
KUNST ALS LEBENSSTIL: THEODORE LUX FEININGERS FOTOGRAFIEN DER BAUHÄUSLER (2017)

Im Jahr 1926, während einer kurzen Periode ökonomischer Stabilität nach mehreren Jahren der Inflation und noch vor dem Great Crash von 1929, immatrikulierte sich Theodore Lux Feininger am Bauhaus. Er war gerade sechzehn Jahre alt, der jüngste Student, der je an der Schule zugelassen wurde. Es war sicher hilfreich für die Aufnahme, dass er der Sohn des Malers Lyonel Feininger, einer der Gründungsprofessoren des Bauhauses, war. Lux war, wie er später sagte, „mit und im Bauhaus aufgewachsen“[i]. Als er zu studieren begann, war das Bauhaus gerade gezwungen worden, die behäbige Residenzstadt Weimar zu verlassen. Es war vom „viel urbaneren“ Dessau empfangen worden, und der Umzug „bedeutete für das Bauhaus eine deutliche Steigerung seines Ansehens in der Außenwelt“, wie Lux Feininger später in seiner Autobiografie schrieb.[ii] Das spektakuläre Wahrzeichen des Neuanfangs waren die Gebäude, die Walter Gropius für die Schule und die Professoren entworfen hatte. Gemeinsam mit ihren Familien residierten sie in sogenannten Meisterhäusern, die Feiningers im Meisterhaus Nummer 1, das sie sich mit der Familie Moholy-Nagy teilte. Lux, der Teenager im Hause Feininger, war stolz, ein eigenes Zimmer zu erhalten. Sogar den Farbton, in dem es ausgemalt wurde, konnte er selbst auswählen. Beeindruckt war Lux Feininger auch, so erinnerte er sich später, dass eine „Jazz Band in Smokings“ aus Berlin nach Dessau kam, um bei der Eröffnungszeremonie im Dezember 1926 zu spielen.[iii] Das Bauhaus war eindeutig im gesellschaftlichen Leben angekommen.

Nach Abschluss des Vorkurses schrieb sich Lux Feininger für die experimentelle Theaterwerkstatt ein, die von Oskar Schlemmer geleitet wurde. Er fühlte sich angezogen von den Aufführungen der Gruppen, den Masken und Kostümen, den Bühnenbildern, von der Bewegung der Körper durch die dunklen Räume. Es war, wie er meinte, in erster Linie ein Theater und dadurch sich selbst genug, während es zugleich auch „ein Schulzimmer, ein Ort des Lernens“ war.[iv] Neben der Theaterwerkstatt war es wiederum die Musik, genauer gesagt die Jazzband der Bauhaus-Kapelle, die den jungen Studenten faszinierte. „Das Leben am Bauhaus wäre undenkbar gewesen ohne die musikalische Untermalung seiner zahlreichen Feste – einige davon improvisiert, andere sorgfältig und wunderschön inszeniert.“[v] Obwohl er kein Instrument spielte, war er entschlossen, der Band beizutreten und kaufte sich sogar ein Banjo. Trotzdem musste er noch eine Weile warten und zunächst Klarinette spielen lernen, bevor er schließlich aufgenommen wurde. Erst dann, so kam es ihm später vor, war er „tatsächlich Teil des Lebens auf Bauhaus geworden.“[vi]

Lux Feininger war zunächst unentschlossen, wie seine künstlerische Zukunft genau aussehen sollte, doch er entdeckte bald die Fotografie als seine „Nische“.[vii] Sein älterer Bruder Andreas, ursprünglich als Architekt ausgebildet aber ebenfalls sehr an Fotografie interessiert, half ihm beim Einrichten einer Dunkelkammer im Keller des Elternhauses. Der erste Kurs in Fotografie am Bauhaus sollte erst 1929 von Walter Peterhans angeboten werden.[viii] Zunächst portraitierte Lux Feininger seine Kommilitonen bei den Aufführungen der Theaterwerkstatt. Dann begann er, das Alltagsleben im Bauhaus zu fotografieren – ein Thema, für das sich, wie er sich im Nachhinein erinnert, sonst niemand interessierte. Die Fotografien von Lazlo Moholy-Nagy und seiner Frau Lucia Moholy waren damals zweifellos tonangebend in ihrer dynamischen Interpretation der neuen Architektur. Herbert Bayer und Josef Albers folgten in dieser Richtung. Und auch Lyonel Feininger begann, angeregt durch seine Söhne, das Medium Fotografie für atmosphärische Darstellungen der Bauten und ihrer Umgebung zu nutzen. Es ist offensichtlich, dass diese Aufnahmen den jungen Studenten beeinflussten, doch mehr als an den Gemeinsamkeiten bin ich an den methodischen Unterschieden interessiert. Die Fotografien des Vaters, oft Nachtaufnahmen, zeigen nie Menschen. Sie entstanden offensichtlich mit Hilfe eines Stativs, mit einer langen Belichtungszeit, während die Aufnahmen von Lux Feininger ohne Stativ und mit einer Glasplattenkamera im Format von 9 x 12 cm entstanden, die er ständig mit sich trug.[ix] Wenn Moholy-Nagy je Menschen abbildete, dann meistens in Gestalt von Staffagefiguren, beispielsweise auf Balkonen platziert, um die architektonische Qualität der Bauten zu unterstreichen. Der junge Feininger hingegen tat genau das Gegenteil. In seinen Aufnahmen ist die Architektur nicht das zentrale Motiv, sondern der Hintergrund für die in ihr lebenden Menschen. Für ihn war die moderne Architektur kein spektakuläres Artefakt, das den Fotografen buchstäblich in die Knie zwang, und sie war auch keine Quelle für reizvolle Muster oder formale Kontraste. Vielmehr war sie seine vertraute Umgebung, die er als gegeben betrachtete.

Wenn Feininger beispielsweise zwei Mitglieder der Bauhaus-Jazzband, den tanzenden Xanti Schawinsky und den Banjo spielenden Clemens Röseler, an einem Wintertag auf dem Dach fotografiert, scheint das ganze Gebäude zu tanzen. Die Kamera ist seitlich geneigt und führt zu einer schiefen Aufnahme, die an die Formensprache des Expressionismus erinnert. Doch die Intention dieser Rahmung ist nicht, die Eigenschaften des neuen Mediums zu spiegeln, sondern die Illusion zu vermitteln, der Fotograf sei seinerseits von der Musik ergriffen und die Kamera beginne mitzutanzen. Im Unterschied zu den Fotografien von Moholy-Nagy und anderen, die – wie etwa auch Marianne Brandt – mit der Spezifik der Fotografie als neues künstlerisches Medium umgehen und den experimentellen Charakter ihrer Arbeit hervorheben, hat Lux Feininger eine entspannte und spielerischere Auffassung von der Kamera. Und im Kontrast zu den Fotografien seines Vaters, welche die Autorität und Aura der „Institution Bauhaus“ zelebrieren, etwa in Form eines hell erleuchteten Atelierfensters vor dunklem Nachthimmel, fängt der Sohn die Schönheit und Vitalität der Studierenden ein, die die Institution beleben. Wenn er während eines Fußballspiels fotografiert, dann treten die sonst so prominent inszenierten Bauten hinter den Menschen zurück. In seinen Fotografien verwandelt sich das Bauhaus von einem Raum der Ausbildung zur Bühne eines Lebensstils. Es erscheint weniger als Ort, an dem Kunst und Handwerk unterrichtet werden, denn als Ort, an dem eine Art zu leben entworfen wird. Die Fotografien erinnern an das Ideal einer autonomen, beschützten und freien Gemeinschaft. Aber sie präfigurieren auch den universellen Lifestyle der Nachkriegszeit mit seiner Betonung von Freizeit und Konsumkultur.

Ihr Fokus auf Freizeit und Momente sozialen Lebens ist sicherlich ein Grund, warum Feiningers frühe Fotografien gerade heute für die Betrachter so anziehend sind. Im Vergleich zu den viel früher kanonisierten Fotografien eines Moholy-Nagy wurden sie erst spät, gegen Ende des 20. Jahrhunderts wirklich wahrgenommen. Seit den 1980er Jahren tauchen sie in Ausstellungen auf, aber erst durch die Retrospektive Dancing on the Roof. Photography and the Bauhaus (1923-1929), die 2001 am Metropolitan Museum in New York stattfand, rückten sie ins Rampenlicht. Über Jahrzehnte hatten diese Fotografien im Schatten der Heroisierung – und des Marktwerts – des Bauhaus-Designs gestanden, das assoziiert wurde mit exklusivem Mobiliar, didaktischen Prinzipien und dem problematischen Erbe des aus ihm hervorgegangenen International Style. Gordon Matta-Clark sprach für viele Künstler seiner Generation, als er den unentrinnbaren Einfluss der „German design machine“ kritisierte.[x] Eine breite Leserschaft erreichte diese Kritik durch den Schriftsteller Tom Wolfe und seine Satire From Bauhaus to Our House (1981). Darin charakterisiert er den Barcelona Chair von Ludwig Mies van der Rohe als „the holy object“, ein Symbol, das jeden Besucher daran erinnere, dass er sich in einer Wohnung befindet, „where a fledgling architect and his young wife had sacrificed everything to bring the symbol of the godly mission into their home.“[xi] Überspitzt gesagt: weil das Vermächtnis des Bauhauses ideologisch aufgeladen war und die Idee der Moderne schlechthin auf den Schultern der Meister lastete, schien weder den Bauhäuslern noch ihren Nacheiferern Zeit für Spaß zu bleiben.

Es ist bezeichnend für seine Gegenhaltung, dass der junge Feininger sich weigerte, die berühmten Meister zu porträtieren, obwohl die Agentur Deutscher Photodienst (Dephot), für die er gelegentlich arbeitete, derartiges Material gewünscht hätte. Als er doch einmal den Leiter der Theaterwerkstatt Schlemmer fotografierte, zeigte die Aufnahme lediglich dessen Hinterkopf – eine Perspektive, die „seinen Lippen einen Schmerzensschrei entriss: Ha-na! Sehe ich so aus?“[xii] Ein anderes Foto zeigt Schlemmer wie ein Requisit seiner eigenen Bühnenbildnerei, so als sei er selbst eine Maske oder Maschine. Dennoch rühren uns heute diese lebenslustigen Bilder anders an als die kontrollierte Selbstreferenzialität der klassischen Bauhausfotografie, gerade weil sie uns einen anderen Blick auf diese Zeit ermöglichen. Sie bieten sozusagen eine Nahaufnahme. Mitten in der epischen Auseinandersetzung um das Schicksal der Kultur der Moderne, während die Direktoren des Bauhauses, Walter Gropius, Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe, um das Überleben der Institution – und auch gegeneinander – kämpften, lässt uns Feininger eine Gruppe junger Studierender sehen, die das Leben genießt.

Es wäre allerdings zu kurz gegriffen, diese Bilder als Symptom des Eskapismus zu interpretieren, der für die Goldenen Zwanziger Jahre typisch ist. Obwohl die Kamera die institutionelle Ebene des Bauhauses ebenso ausblendet wie seine städtische Umgebung, obwohl sie weder die Junkers-Werke zeigt, die durch den Bau von Flugzeugen und Motoren die wirtschaftliche Basis der Stadt Dessau verkörperten, noch die vielen Arbeitslosen oder die Zeichen der politischen Konflikte, ist die Perspektive keineswegs naiv. Feiningers Fotografien machen deutlich, dass für Künstler seiner Generation, die im frühen 20. Jahrhundert geboren und rasch erwachsen wurden, Studium und Arbeit, Freizeit und Selbstvermarktung, Spaß und Professionalität nahtlos miteinander verschmolzen. Die Bilder zeigen, dass die Studierenden gerne feierten, ob mit oder ohne Kostüm. Aber jede noch so heitere Aktivität, sogar ein Fußballspiel in der Mittagspause, wird zugleich inszeniert und dokumentiert, als gelte es, keine Energie zu vergeuden, sondern auch die Freizeit noch in die künstlerische Arbeit einzubinden. Die Fotografien scheinen den Druck zur ständigen Performance, den immaterielle Arbeit und „Kreativindustrie“ ein halbes Jahrhundert später ausüben sollten, schon zu erahnen. Das Leben als solches, erzählen uns die Bilder, ist prekär und wird zum Gegenstand der Kunst – ein Rohstoff, bereit gestaltet, vermarktet und konsumiert zu werden.

Ein paar Monate später versiegten die Kredite, die in den 1920er Jahren aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland geflossen waren, als die USA nun auch selbst von der wirtschaftlichen Depression getroffen wurde. Die Jazzbands würden bald verstummen. Zwar kamen noch immer Architekturstudierende aus den USA ans Bauhaus, angezogen nun vor allem durch Mies van der Rohe als neuen Direktor. Aber Mies – „als Verwalter gab er sich mit einer Law-and-Order-Rolle zufrieden“[xiii], wie Feininger schrieb – gelang es nicht, das Bauhaus zusammenzuhalten. Viele Professoren verließen Dessau, und das Bauhaus begann zu zerbrechen. Der politische Druck in Deutschland wuchs, die Nationalsozialistische Partei gewann an Macht und zwang das Bauhaus 1932 zu schließen. Zu dieser Zeit war Lux Feininger bereits nach Paris gezogen, um Maler zu werden und die Fotografie aufzugeben. Die Party war vorbei.

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[i] „Grown up with and at the Bauhaus.“ Theodore Lux Feininger, „The Bauhaus. Evolution of an idea“, in: Bauhaus and Bauhaus People. Personal Opinions and Recollections of Former Bauhaus Members and Their Contemporaries, hg. von Eckhard Neumann, New York: Van Nostrand Reinhold, 1993, S. 183-196, hier: S. 183.
[ii] Theodore Lux Feininger, Zwei Welten. Mein Künstlerleben zwischen Bauhaus und Amerika, aus dem Englischen von Florian Bergmeier, Halle/Saale: Mitteldeutscher Verlag, 2006, S. 72-73.
[iii] Ebd., S. 73.
[iv] „[…] essentially a dancers’ theater and as such, sufficient unto itself […] it was also a ‚class‘, a locale of learning.“ Feininger, 1993 (wie Anm. 80), S. 193.
[v] Feininger, 2006 (wie Anm. 81), S. 90.
[vi] Ebd.
[vii] Ebd., S. 74.
[viii] Vgl. Katherine C. Ware, „Fotografie am Bauhaus“, in: Bauhaus, hg. von Jeannine Fiedler und Peter Feierabend, Köln: Könemann, 1999, S. 506-529.
[ix] Vgl. Jeannine Fiedler, „T. Lux Feininger: ‚Ich bin Maler und nicht Fotograf!‘“, in: Fotografie am Bauhaus. Überblick über eine Periode der Fotografie im 20. Jahrhundert, hg. von Jeannine Fiedler / Bauhaus-Archiv, Berlin: Dirk Nishen, 1990, S. 45-48.
[x] Gordon Matta-Clark, Notizkarte im Nachlass Gordon Matta-Clarks, zugänglich im Canadian Center for Architecture, Montreal. Zitiert nach Thomas Crow, „Gordon Matta-Clark“, in: Gordon Matta-Clark, hg. von Corinne Diserens, London: Phaidon, 2003, S. 7-132, hier: S. 102.
[xi] Tom Wolfe, From Bauhaus to Our House, New York: Farrar, Straus, Giroux, 1981, S. 60-61.
[xii] Feininger, 2006 (wie Anm. 81), S. 76.
[xiii] Ebd., S. 110.
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Aus: Philip Ursprung, Der Wert der Oberfläche: Essays zu Architektur, Kunst und Ökonomie, Zürich, gta Verlag, 2017, S. 68-74.

Hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors.

T. Lux Feininger
LYONEL FEININGER - KONSTRUIERTE SCHIFFE (2000)

[Originaltitel: BILDER MIT SCHIFFEN*]

„Der Mann muss viel von Schiffen verstanden haben.“ – So wurde ich, damals fünfzehn Jahre alt, von einem grauhaarigen Herrn angeredet, der die in der Galerie Neue Kunst, Fides, zu Dresden ausgestellten Bilder von Lyonel Feininger mit grossem Ernst und (wie mir schien) mit einiger Strenge betrachtete. Schon damals, 1925, war ich mir bewusst, dass manche ältere Herren, und auch Andere, der modernen Kunst nicht hold waren. Mit Erleichterung konnte ich mich deshalb versichern, dass dies hier tatsächlich nicht der Fall war.

Ja, der Mann verstand viel von Schiffen. Wie wichtig sie ihm waren, geht aus einem Brief [Lyonel Feiningers] an mich hervor: „… dieser alte Windjammer hier ([er] bezieht sich auf eine Illustration, auf der eine Dreimast-Bark dargestellt ist) – wie oft habe ich diese Bark beim Aussegeln vor Swinemünde beobachtet; gemächlich ein Segel nach dem anderen setzend – durch meinen „Zeiss“ [-Feldstecher] konnte ich ameisenhafte Figuren in der Takelage ausmachen. … Liebevoll sah ich sie an der Kimm entlang kriechen. … Wenn es vorkam, dass ein Fischerboot im Mittelgrund eine Sekunde lang, die Schiffs-Silhouette überschneidend gegen diese sich abhob – das war ein Anblick der fähig war, einem Tränen des reinsten Glücks zu entlocken...“ (Brief v. 25. November 1939; Übersetzung von mir).

Es ist für Lyonel Feiningers Schiffsliebe charakteristisch, dass er in all der Zeit, die er mehrere Sommer lang in Heringsdorf zubrachte, nie in Versuchung kam, den Namen und Heimathafen oder die Ladungen der Bark zu ermitteln - er wollte nur die Erscheinung, das Ding an sich; keine statistischen Daten. Die „norwegische Bark“ erscheint auf einer Anzahl von Kompositionen, zum letzten Mal noch in den New Yorker Jahren.

Von Jugend an war Leonell (wie er damals genannt wurde) interessiert an mechanischen Objekten und Vorgängen; wie er später in einem Brief schrieb, liebte er „das Konstruieren“. Seinem Vater war dies nicht recht; er nannte es „Bastelei“ und Zeitverschwendung für einen angehenden Violinisten; eine Zeitlang hat er es sogar verboten. Aber wie sehr auch Lyonel die Musik liebte, entschied er sich doch schon bald nach seiner Ankunft in Deutschland (1887) für das „Konstruieren“.

In New York waren es vor allem die Modell-Segelyachten gewesen, die er am Modell-Yacht-Teich im Central Park bewunderte. Dies waren die Erzeugnisse einer Gruppe von Schiffskapitänen im Ruhestand und waren Repliken in Miniatur von den großen Yachten, den Cup Defenders, der achtziger Jahre.
In den Jahren 1885, 1886 und 1887 musste der berühmte America’s Cup gegen englische Herausforderung verteidigt werden. Die Regatten wurden von der breitesten Öffentlichkeit mit passionierter Anteilnahme verfolgt. Die nie gänzlich verschwundene Rivalität zwischen England und den Vereinigten Staaten kam hierbei zum Ausdruck.

Die Schiffe im Hafen hat mein Vater in einem Brief an mich beschrieben. 1980 erschien bei Dover Publications der Bildband, „Maritime New York“, von Johnson und Lightfoot. Man muss diese einzigartigen Photographien der Lightfoot Collection gesehen haben, um die Macht der Beschwörung zu würdigen, die aus diesem Brief klingt:

„… Gestern auf der South Street, gegen elf Uhr vormittags, war der Ausblick auf die Skyscrapers an diesem wolkenlosen Tag, im Westen gegen den zartblauen Himmel, ganz herzbrechend schön. Ich sage dies, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass ich lange genug leben werde, um dieses Bild, so wie es sein sollte, zu malen. … Und der East River flammte von Reflexen und Sonnenglanz; das Ufer gegenüber war voll von riesigen Liberty- und Victory ships ... sie gemahnten mich sehnsüchtig, die einstigen Reihen von graziösen squareriggers zu rekonstruieren. … In jenen alten Zeiten war die South Street bis zum Bersten gefüllt von Fahrzeugen aller Art, und der Lärm der eisenbeschlagenen Räder und Hufeisen der Gespanne war ohrenzerreißend und durchdrungen von dem Ausrufen der Höker. Es war schwer auf dem Kopfsteinpflaster voranzukommen; immer war es feucht, schlüpfrig von Obst- und Grünzeugresten, übersät von zertrümmerten Kisten, toten Katzen, verstellt von Tonnen etc. Aber an der Kante der Kais standen die Schiffe in stattlichen Reihen. Ihre Bugspriete ragten fast bis zu den Fenstern der gegenüberliegenden Häuser...“ (Brief v. 25. November 1939; Übersetzung von mir).

Trotz seiner Vorahnungen gelang es ihm, die Skyline bildnerisch zu gestalten; die Rahsegler dagegen blieben nur als Erinnerungsbild bestehen. – Von Schiffen aus seiner Jugendzeit bestehen zwei Kompositionen (1940 und 1947) des populärsten Hudson River Steamers, der „Mary Powell“. Das frühere der Gemälde dieser „Queen of the Hudson“ kann als das einizige Schiffsportrait von seiner Hand angesehen werden.

Der Hauptteil von Beobachtungen von Schiffsfahrzeugen kommt aus verschiedenen Zeiten und von mehreren Badestränden und ist auf zahlreichen Skizzen zu sehen. Der niedrige Blickpunkt vom Ufer verkürzt die Wasserfläche, die von den Fußspitzen bis zum Horizont reicht; dort stehen die Schiffe –
aber hier sind Figuren; zwischen diesen Polaritäten sind die Beziehungen das raumbildende Element. In Lyonel Feiningers Frühzeit waren derartige Szenen „Biedermeier“, nach dem Stil sowohl der Kostüme als auch des Schiffsbaus. Später treten Heringsdorfer Sommerfrischler und Badegäste auf, und von 1918 an entstanden Holzschnitte mit Schiffen und symbolischen, „zeitlosen“ Anglern, mit ihren steil in der Höhe ragenden Ruten, die an die Lanzen der Spanier in Velasquez’ „Übergabe von Breda“ erinnern.

Auch der Bau und das Segeln von eigenen Modellyachten hat zu des Malers Repertoire beigetragen. Eine Wiederbelegung der Jugendliebe fällt zusammen mit der Entdeckung von Deep (Rega) ab 1924 als Sommeraufenthalt. In den späteren zwanziger Jahren entstanden nicht nur neue Boote, sondern auch Photographien von Seglern auf Fluss und Ostsee. Einige solcher Aufnahmen wurden zu Bildkompositionen. Es ist interessant, dass in dieser Periode mein Vater sein altes Vorurteil gegen die „Marconi“, die so genannte Hochtakelung, aufgab und einige ganz moderne Yachtbilder malte, z.B. die Schärenkreuzer.

Wenn man zu einem Schluss kommen will, inwieweit der „Marine-Aspekt“ mit dem „Architektur-Aspekt“ in Lyonel Feiningers Werk vergleichbar ist, so scheint es mir, dass letzterer Vorrang hat. In den Dorfbildern entwickelte er seine Formsprache der kristallischen Durchdringung, während Schiffsbilder näher mit den frühzeitigen Karikaturen verwandt sind. In ihnen liegt mehr von der Darstellung eines identifizierbaren Objekts; die Dorfbilder dagegen verdanken ihr Zustandekommen inneren, seelischen Vorgängen. In den Ölgemälden der See ist das eigentliche Thema der atmosphärische, sogar metereologische Raum, aus welchem heraus das Schiff geboren wird. Am besten „fährt“ das Schiff in des Malers Werk, wenn es als Motiv von allem anekdotischen Beiwerk befreit ist. Beste Beispiele hierfür sind meines Erachtens die Holzschnitte: In ihnen spricht „Das Ding an sich“ am klarsten.

T. Lux Feininger
Cambridge, im März 2000

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA
Transkript Cecilia A. M. Witteveen
www.kunst-archive.net


*T. Lux Feininger schrieb diesen Text auf Bitte der Redaktion des Magazins mare, Hamburg. Erschienen in mare No. 20, Juni/Juli 2000: „Konstruierte Schiffe - Lyonel Feininger malte in seinem Leben immer wieder Segelschiffe. Sein Sohn beschreibt, wie es dazu kam“, S. 74 ff.

T. Lux Feininger
OSTERHOLZ 1922 – SOMMERGAST BEI HECKELS (1998)

Vor vielen Jahren erhielt ich einen Brief von Siddi Heckel in dem sie mich um einige Auskünfte betreffs der Korrespondenz zwischen Erich Heckel und Lyonel Feininger bat. Nachdem ich ihre Fragen beantwortet hatte, fügte ich noch hinzu, ihr zu sagen, wie lieb und unvergesslich mir die in ihrem Haus in Osterholz verbrachten Sommerwochen im Jahr 1922 geblieben sind. Sie schrieb zurück (18. August 1973):

„Dass Du so gern an die Osterholzer Tage denkst, zu lesen, hat mich natürlich auch gefreut. Erst vor etwa zwei Wochen schrieb ich eine kurze Abhandlung darüber, wie E.H. [Erich Heckel] nach einem Aufenthalt im Alstertal nahe Hamburg bei den Sammler Schiefler aufbrach, um „auf die Suche nach einer Landschaft zu gehen, von der er gewiss sei, dass er in ihr viele Jahre würde arbeiten können.“ – Er fand sie dort, wo Du mit warst – aber nicht als Fremdling, sondern als jüngster unserer mir liebsten Freunde – und sie hat sich bewährt. Die Aquarelle, die von der Förde stammen, gehören zu den Schönsten, und für seine Weise landschaftlicher Darstellung charakteristischsten seiner Arbeiten. – Aber wenn Du diese Landschaft jetzt sähest, würdest Du sie nicht wiedererkennen: Die schöne Ebene vor Langballigau, wo die ‚Fedora‘ mit uns anlegt, ist ganz von Sommerhäusern bestanden. Die Windmühle oben auf dem Berg ist die einzige, die ihre Flügel behalten hat, denn sie steht unter Denkmalschutz (alle andere haben sie verloren und werden mechanisch betrieben), aber unten in ihr befindet sich ein Einkehrlokal […]“

Die ‚Fedora‘ war der Dampfer, welcher die Verbindung mit Flensburg vermittelte. Ich habe heute noch eine Ansichtspostkarte, worauf ich mit verblasstem Bleistift an meine Eltern schrieb: „Vor mir liegt ein schöner beflaggter Dampfer, den wir gleich nach dem Essen besteigen werden. Viele Möwen gibt es hier“.
Die „schöne Ebene“ steht mir klar vor Augen; eine große Kuhweide, bevölkert von dem schönen Angler-Milchvieh, rotbraun mit weißen Hörnern mit schwarzen Spitzen. Heckels hatten auch zwei dieser Tiere auf ihrem Anwesen, betreut von Frau Höppner. Sie war eine stämmige Schleswig-Holsteinische Witwe und sie wollte sich einst totlachen, als ich (sehr kurzsichtig und unbebrillt), um mich vor Ausgleiten zu sichern, mit meiner Hand „mitten in’n Kohschiet“ fasste. Ja, das war komisch: ihre fünfzehnjährige Tochter Lisbet verzog keine Miene, aber Ihre Mutter höre ich noch heute.

Schon vor dem Sommer in Osterholz war ich während der Schulferien einige Male auf dem Land einquartiert worden, und zwar in einem Dorf nahe bei Weimar. Die Pflegemutter war Witwe eines Dorfschullehrers. Wie anders manche Leute im Deutschland der Weimar Republik denken konnten, wurde mir Zwölfjährigem etwas klarer, als ich einst bei Heckels an der Unterhaltung der „Erwachsenen“ teilnehmen wollte. Es wurde von Politik gesprochen, und da ich davon nichts wusste oder verstand, gab ich einige der bei der Lehrerswitwe vernommenen Ansichten zum Besten. Ein etwas verlegenes Schweigen der „Großen“ wurde von Siddis Frage gebrochen, als sie wissen wollte, wie ich zu solchen Ansichten käme? Ich zitierte meine Egeria, und ich kann heute noch Siddi hören, als sie zu ihren Gästen sagte: dass diese Frau zu den Leuten gehören müsse, „von denen Julia uns erzählt hat“. – Heftig errötend wusste ich sofort, was das für Leute waren.

Von dem hohen Ufer sah man weit über das vielgestreifte Wasser der Förde (Erich Heckel hatte mich darauf aufmerksam gemacht, wie viele andere Farben als nur Blau und Grün die See aufweisen konnte) bis nach dem jetzt wieder dänischen Land von Sonderburg-Glücksburg.

Die Küstensegler die zu sehen waren, zogen mich mächtig an, um so mehr als ich sie, der schon erwähnten Myopie halber, nur als perlmuttrige, reich abgestufte Walken [Pyramide] wahrnahm; bei Flaute war oft das ein oder andere Segel stundenlang zu sehen. Beim „Höker“ im Dorf sah ich photographische Postkarten, auf denen die Fahrzeuge klar abgebildet waren.
Diese Erlebnisse haben mein ganzes Leben beeinflusst, denn damals erwuchs in mir die große Liebe zur Schifffahrt, die mich nie wieder verließ.

Ein diesbezügliches Abenteuer war eine Segelpartie, zu welcher beide Heckels mit ihrem Gast eingeladen worden waren. Deutlich entsinne ich mich des Fahrzeugs, ein neugebauter Fischer-Ewer, vielleicht auf Jungfernfahrt. Ich sehe ein langes Schiff, leuchtend schwarz geteert, mit weißer und grüner Bemalung, von dessen zwei ebenfalls weißen Masten und Gaffeln alles in allem fünf lebhaft rotbraune Segel hängen. Eine Schar von Eingeborenen, Männer in blauem, Frauen in schwarzem Sonntagsstaat, mit welcher sich unsere kleine Gruppe mischt, hat an Bord Platz genommen; die Vertauung wird losgemacht und das Schiff streicht durch die Wellen. Wir fahren vielleicht eine Stunde; hin und wieder höre ich etwas von Fischen, die gefüttert werden sollen. Davon hatte ich gar nichts gewusst, es war aber einleuchtend, dass, wenn man Fische fangen wollte, man sie auch zu füttern hatte – so wie ich, unter Frau Höppners wachsamen Auge, oft genug das Heckel’sche Geflügel gefüttert hatte. Jedoch ereignet sich nichts dergleichen; die Fahrt endete, ohne dass mir Details gewärtig sind.
Erst lange danach ging es mir auf, dass ich Stadtkind und Landratte die guten Leute bitter enttäuscht haben muss, indem ich eben nicht seekrank wurde.

Ob Erwin, Neffe von Heckel und gleichaltriger Spielkamerad, der mit mir zusammen seine Ferien in Osterholz verbrachte, bei der Segelpartie gewesen war, kann ich nicht sagen. Dagegen steht unser Schachspielen mir lebhaft vor Augen, vielleicht weil es von Erich Heckels Stift festgehalten worden ist. Ich war aufs Schachspielen vernarrt, und verfertigte ein grosses Aquarell mit einem Schachbrett mit einer Matt-Situation, das auch recht gut ausfiel. Das Lob von Siddi und Erich bewegte mich dazu, ihnen das Blatt zu verehren.
Was mag wohl aus ihm geworden sein?

T. Lux Feininger
Cambridge, Massachusetts, 10. Februar 1998

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Transkript Cecilia A. M. Witteveen
www.kunst-archive.net

T. Lux Feininger
ERINNERUNGEN AN OSKAR SCHLEMMER (1992)

Wie bekannt, baute das Bauhaus in seinen Anfängen den Unterricht auf dem System der Zünfte auf: Lehrling, Geselle, Meister. Von den möglichen Missverständnissen, welche aus dieser Terminologie hervorgehen konnten, ist es unnötig hier zu sprechen. Aber den Begriff, der im Wort „Meister“ liegt, will ich etwas weiterverfolgen.

Wie seine Kollegen, verdankte auch Schlemmer seine Berufung an die Lehrfakultät der Hochschule für Gestaltung seiner vorangegangenen künstlerische Tätigkeit; nachdem er die Anstellung akzeptiert hatte, zeigte sich bald, dass er ein geborener Pädagoge war.

Als ich selbst vor mehr als 40 Jahren zum Kunstlehrer wurde, kam es mir zum Bewusstsein, in welchem Grad ich es Oskar Schlemmer zu verdanken hatte, dass ich meine erste Lehrstelle annehmen und ausfüllen konnte. Mir wurde klar, was alles in dem Begriff „Meister“ enthalten sein konnte - und es war zu jener Zeit, dass ich Schlemmer zu „meinem“ Meister erklärte.

Ursprünglich hatten alle Bauhauswerkstätten zwei Leiter: den Form-Meister und den Werk-Meister. In der neu-organisierten Bühnenwerkstatt in Dessau wurde Oskar Schlemmer beides in einem. Technik und Bühnenpersönlichkeit sind bei ihm nicht zu trennen. Als ein Hauptzug seines Wesens erscheint mir seine Bereitschaft, als Vorbild zu dienen. Was er tat und wollte wurde lebhaft und präzis vorgetragen. Choreograph und Maler in ihm reichten sich die Hand; man kann sagen, dass er seine künstlerischen Ideen verkörperte. In jenen Zeiten konnte ich es nicht verstehen, dass Schlemmer nicht, wie Klee und Kandinsky, Malunterricht anbot, aber heute scheint es mir wahrscheinlich, dass er es vermeiden wollte, als unpolitischer Elitist angefeindet zu werden.

Er malte in der humanistischen Tradition, und nach Gropius‘ Weggang vom Bauhaus politisierte sich die Schule sehr schnell. Schlemmer war seinem Temperament nach ein Einzelgänger; das Theater billigte man ihm zu, weil es sich für politische Propaganda gebrauchen ließ. Die Malerei hingegen musste für das Proletariat zugänglich sein: so verlangte das der dialektische Materialismus.

Was mich zur Schlemmerbühne gezogen hatte, war vor allem meine Passion für Masken; schon bevor ich zum Bauhaus kam, im Herbst 1926, hatte ich Masken entworfen und konstruiert. Die Maske war ein Archetyp, und das Schlemmertheater rührt stark an das archetypische Schauspiel an. Seine Tänzer waren von Kopf bis Fuss maskiert in harnischartigen Verhüllungen: wattierte Torsen und Gliedmaßen und helmhafte Maskenköpfe; die Kostüme waren, neben Textilien aller Art sowie Metallfolien, zum Teil aus plastischem Papiermaché geformt. An anderer Stelle [The Bauhaus: Evolution of an Idea, in CRITISISM Wayne State University 1961] habe ich versucht, einen anlässlich der Eröffnung des neuen Gebäudes gezeigten Bühnenabend zu beschreiben, in dessen Verlauf der Meister dem „Kreis der Freunde des Bauhauses“ die Bühnenelemente demonstriert.

Nach Absolvierung des ersten Vorkurssemesters trat ich im Frühjahr 1927 in die Bühnenwerkstatt ein. Zusammen mit dem ein Jahr später gekommenen Roman Clemens, der eine große Zukunft haben sollte, widmete ich mich vor allem dem Masken- und Kostümbau, obwohl wir alle bei grösseren Veranstaltungen als Statisten mitwirkten.
Der Meister verfügte über ein Kontingent von Volontären, die in andere Werkstätten arbeiteten, aber Ballet und Theater über alles liebten. Dieses Hospitieren lässt sich verstehen, wenn bedacht wird, dass die Bühne und ihr Leben ein Gegengewicht zu den rationalistischen Zielen von Städtebau- und -planung darstellte, und das Mitwirken brachte den Freiwilligen geistige Erholung.

Schlemmers Regie war schon an und für sich eine Produktion. Eine Bühnenprobe war das Element, in welchem er sich am besten ausdrücken konnte. Seine Sprache ist ganz unvergesslich, der Vortrag akzentuiert von Ausrufen; man hörte etwa: „Ha-na! Das geht aber nicht!“ oder gar ein lautes: „Janein!“, was für den Kundigen ein Zeichen des Schwindens der Geduld des Meisters war. Sehr liebte er neue Wortverbindungen; in einem Aufsatz über seine Ziele findet sich die Stelle, „dass in verständlicher Sprache Neues und Unerhörtes gesagt werden solle“. Auch schwelgte er in Alliterationen und barocken Vergleichen; ich beende meine Skizze mit dem wörtlichen Zitat einer Botschaft des Meisters, welche mir mit der Post zugestellt wurde (der letzte Satz bezieht sich auf meine Waffe, einen geerbten Spazierstock, den ich auf den nächtlichen Wegen durch die damals sehr einsame Gegend in die Probe mitnahm und an meinem Sitz lehnte, von wo er ständig mit lautem Krach zu Boden fiel): „Der Eleve Lux wird gebeten, sich künftighin bei Bühnenproben einer größeren Zurückhaltung zu befleißigen. Stöckchen etcetera mitzubringen erscheint nicht wünschenswert.“

T. Lux Feininger
Westport Point, Massachussets, 28. Juni 1992

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Transkript Cecilia A. M. Witteveen, 2019
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T. Lux Feininger
LYONEL FEININGER UND DIE LANDSCHAFT (1991)

In zwei Briefen aus den fünfziger Jahren beschreibt mein Vater Autofahrten in den Küstengegenden von Cape Ann (Massachusetts) und längs des Housatonic River (Connecticut). Er spricht seine Liebe für diese Landschaften seiner frühen Jugend aus, und schreibt, dass er sie „sogar noch den Thüringer und Pommerschen Landstraßen und Bauerndörfern vorziehe – was viel sagen will, alter Bursche!“.

Er begründet diesen Vorzug mit der Erwägung, dass „diese bis zu zweihundertjährigen Neu-England Dörfer und Farmen eine ununterbrochene Zivilisation und Kultur ausströmen!“, wobei er es ungesagt sein lässt, wie jäh und verheerend die „Unterbrechnung der Zivilisation“ war, dank derer das Deeper Paradies seinen Anhängern verloren ging.

Die Familie Feininger kam zum ersten Mal im Juni 1924 nach Deep. Mein Vater und ich waren den anderen um 14 Tage vorangezogen und wohnten die ersten Tage bei Frau Fritzner, einer Dame, die mehr im Wilhelminischen Erinnerungen als in der jungen Republik zu leben schien. Geräumige Unterkunft wurde in dem ganz in der Nähe gelegenen Haus von Maurermeister A. Wilke gefunden, in welchem die Familie in den folgenden Jahren die Mittelwohnung im Erdgeschoss bewohnte. Dem Wohn- und Esszimmer vorgelagert war die kleine Veranda, offen gegen den kleinen Vorgarten und den betonierten Fußsteig. Hier entstanden beinahe alle Zeichnungen und Aquarelle, die das Datum der Sommermonate zwischen 1924 und 1935 aufweisen. Wenige Tage vergingen ohne dass mein Vater nicht einige Stunden über seinem Reißbrett auf der Veranda verbrachte, sich gerne von den frei herumwandelnden Wilke’schen Hühnerfamilien und, in einem berühmten Jahr, sogar von einer Schar im Wilke’schen Anwesen geborenen jungen Ferkeln unterbrechen lassend.

Die Ökonomie unserer Wirtsfamilie erscheint durchaus typisch für jene Zeiten: Ein freier Beruf, verbunden mit Kleinbetrieb von Landwirtschaft (zwei Kühe und einige Schweine hielt Frau Wilke) und unterbaut von sommerlicher Vermietung von Zimmern ohne Verpflegung. Das Haus lag dicht am Waldrand, nahe dem „Kieckersteig“, einem ca. 1 KM langen Fußpfad, auf dem man durch den Kiefernwald hindurch den Badestrand von West-Deep erreichte.

Ferien an der See waren für mich was Neues. Mein Vater hingegen ließ anfänglich Vergleiche zwischen unserem momentanen Aufenthalt und der Vorkriegszeit in Heringsdorf hören. Hier war alles viel wilder – oft war Sturm mit brüllender Brandung und zischendem Flugsand; auch war es einsamer hier als in dem so dicht bei Berlin gelegenen Heringsdorf. In einer für die „Baltischen Studien“, einer vor einigen dreißig Jahren geschriebenen Skizze, habe ich versucht darzustellen, wie der ‚genius loci‘ sich ganz allmählich bei dem Maler einschlich und das Vorangegangene, wenn auch nicht vertrieb, es doch auf seinen rechten Platz zu stellen half. Dieser Platz war in meines Vaters Koffer, der jedes Jahr für den Deeper Sommer gepackt wurde und stets eine reiche Auswahl an Vorkriegs-„Notizen“ enthalten musste, welche zur bevorstehenden Sommerarbeit herangezogen werden sollten. Auf diese Weise konnte der Zeitraum zwischen Einst und Jetzt überbrückt werden.

Bei den eben erwähnten Vergleichen hatte mein Vater wohl am meisten den ehemals so reichen Schiffsverkehr längs der Ostseeküste vermisst. Das Beobachten (durch das Fernglas) und zeichnen der Segler auf der Kimm und der Badenden und Spaziergänger am Strande hatte den Künstler zu gewissen Formulierungen geführt, die für sein bildnerisches Schaffen ausschlaggebend werden sollten. Es handelte sich um nichts Geringeres als den Raum an sich – jenes immaterielle Etwas, das zwischen nah und fern „irgendwie“ existierte und gestaltet werden wollte. Ohne Interesse am Gegenstand kommt keine Kunst zustande; das Auge wird angezogen und öffnet sich dem Dargebrachten. Wenn gestaltet wird, beginnt das merkwürdige Drama in dessen Verlauf dem Objekt sein Anreiz entzogen wird, der jetzt dem Subjekt zufällt. Dem Abschluss dieses Prozesses folgt eine Zeitspanne während welcher das Subjekt (der Künstler) von seinem Erzeugnis (ich hätte beinah gesagt, von seiner Beute) emotionell-gedanklich nicht zu trennen ist. Es ist eine Spannung entstanden, mittels derer das dargestellte Erlebnis mit Energie geladen und in der Zeichnung gespeichert wird. – Das Skizzenbuch klappt zu und der Maler geht weiter. Aber die Spannung bleibt erhalten und kann jederzeit wieder eingeschaltet werden.

Stets mussten die Zeichnungen datiert werden, und wenn möglich, auch den Ortsnamen aufweisen. Die Zeit, welche verstreichen konnte, bevor eine bestimmte Skizze oder „Notiz“ zu einer Komposition führte, konnte viele Jahre, sogar Jahrzehnte betragen; aber dass gestalterische Arbeit sofort nach der Heimkehr vom Ausflug, im Laufe dessen eine solche zustande kam, unternommen wurde, trat wohl nie ein. „Aus dem Auge aus dem Sinn!“ schien hier für den Künstler eine Notwendigkeit zu sein, damit das Element der Überraschung wirken konnte – das beinah schlagartige Auftauchen einer Erinnerung aus grauer Vergessenheit

Die Naturzeichnungen können nicht eigentlich als „Studien“ angesehen werden, weil (wenigstens meiner Meinung nach) zu irgendwelchem Studium eine planmässige Anstrengung des Willens nötig ist. Lyonel Feninger dagegen ließ sich gern überraschen. Nicht umsonst hat er von je her darauf bestanden, dass diese Blätter als „Notizen“ anzusehen seien. Er „notierte“ Eindrücke, die er beim Erblicken von Situationen empfing, und demzufolge wären die Naturzeichnungen als „Impressionen“ anzusprechen; aber von seinen frühesten gestalterischen Zeiten an sprach er immer von „Ausdruck“ – „Ich strebe den höchsten Ausdruck an – immer Ausdruck!“ heißt es in seinen Briefen. –

Man kann hier leicht in Wortklauberei verfallen. In dem schon erwähnten Aufsatz in den „Baltischen Studien“, habe ich mich bemüht, den Unterschied zwischen den großen Impressionisten und den nicht kleineren Expressionisten zu definieren und will es hier noch einmal versuchen.

Ein alter Witz beschreibt nationale Charakterzüge von Franzosen und Deutschen indem er behauptet, dass, wenn ein Kamel gemalt werden soll, der Franzose in den ‚Jardin des Plantes‘ geht und es da abmalt, während der ehrliche Deutsche es „aus der Tiefe seines Gemüts schöpft“. Während laut gelacht wird, sollte man nicht gänzlich vergessen, dass in beiden Fällen ein Kamel gemalt wird. Mit anderen Worten: Das Ding ist dasselbe, aber es sieht ganz anders aus. Weder der Gallier noch der Germane haben das Tier erfunden, es existiert auch ohne nationale Vergleiche.

Die kompositorische Arbeit, welche nach der auf die beschriebene Weise entstandenen Notizen einsetzt, kommt einem fortwährenden Hervorrufen eines Momentes der seelischen Verfassung gleich. Die Situation liegt in der Vergangenheit, aber der Moment der Impression ist zeitlos. Ich sehe diese Dynamik als einen religiösen Vorgang an.

T. Lux Feininger
Cambridge, Massachusetts, 31. Dezember 1991

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Typoscript Cecilia A. M. Witteveen, 2019
www.kunst-archive.net

T. Lux Feininger
DIE BAUHAUSKAPELLE
Ein Beitrag zur Geschichte des Bauhauses (1987)

Zur Zeit ihrer Blüte wurde die Bauhauskapelle oft als Bauhaus-„Jazz“-Kapelle bezeichnet, was insofern richtig war als sie ja zum Tanz aufspielte. Der amerikanische Jazz war damals in Europa noch neu; er war mit Begeisterung aufgenommen worden, aber noch wenig erforscht. Heute ist es anders geworden, aber Vergleiche zwischen der Bauhausmusik und der Afro-amerikanischen Importation der ersten Nachkriegszeit sind unmöglich, weil die Bauhaustänze niemals phonographisch aufgenommen worden sind; mangels aller anderen Dokumentation ist das Kapellenspiel nicht reproduzierfähig. Wenn man dagegen die Quellen untersucht, aus denen die Bauhausmusik floss, so zeigen sich interessante Parallelen zwischen der amerikanischen und der „deutschen“ Tanzmusik.

In beiden Fällen ging dem breiten Siegeszug in der Öffentlichkeit eine fast unbekannte langjährige und stille Prä-Existenz voraus: In den Vereinigten Staaten wie in Europa wurde die längst bestehende Folkmusik [Folklore] einer ethnischen Minorität plötzlich als befruchtende Belebung ihres Wirtsvolkes erkannt. In Amerika waren es die nicht für voll genommenen Neger, in Deutschland, dem sich soeben erneuernden Land der Weimarer Republik, waren es die östlich gelegenen Gefilde – Ungarn, Czechoslowakei, Russland, der Balkan und das damalige Palästina – welche, mit ihren Volksweisen westwärts vordringend, etwas neues und Einzigartiges hervorbrachte. Selbstverständlich muss der Maßstab gewährt werden: die amerikanische Neuerung umzirkelte den Globus, während der Beitrag der Bauhauserfindung auf einen minimalen Kreis beschränkt blieb. In ihrem Wesen jedoch, sowohl in ihrer Fremdartigkeit als im Anklang, den sie gleich bei ihrem ersten Erscheinen fanden, sind Bauhausmusik und Jazz wohl vergleichbar. Aus einer näheren Erfassung der Mittel, mit denen am Bauhaus gespielt wurde, wird hervorgehen, dass es sich nicht um „Nachmachung“ der Amerikaner handelte, sondern dass ein spontanes Produkt eigenständig zu neuem, wenn auch kurzem Leben erwacht war.

Die Bauhaus-Idee wurde vom Dritten Reich nicht getötet, und zu den Manifestationen dieser Idee gehört die Tanzkapelle ebenso gut wie Stahlrohrmöbel. Es ist darum sehr passend, ihr ein Blatt in der Bauhausgeschichte zu widmen, was ich im Folgenden zu tun versuche.

Der Boden, aus dem das öfters wechselnde Ensemble wuchs, war die einzigartige Persönlichkeit der Gründer. Am Anfang steht Andreas (Andor oder „Andie“) Weininger. Er spielte Klavier und sang dazu, wenn auch beinah unhörbar im Ansturm der vielen Rhythmus- oder Radau-Instrumente. Dennoch sang er – ich sehe ihn noch heute, ekstatisch über die Tasten gebeugt und leise lächelnd den Kopf schüttelnd. Was waren das für Weisen? – Wild und zugleich melancholisch, aufbrausend und heimlich wieder abklingend; anklagend und verheißend – wie soll man das beschreiben? Wir geben die Unmöglichkeit zu und fahren mit den aufzählbaren Musikmitteln fort. – Ein bemerkenswerter Zug der Ur-Kapelle war die Einfachheit der verwendeten Instrumente: Anfänglich gab es weder Saiten- noch Holz- oder Blech Instrumente zu lernen. Der Gedanke, ob oder bei wem „Andie“ Klavierstunden genommen hat, kommt mir lächerlich vor; er war mit seiner Fähigkeit geboren. Er war aber bereit, andere zu unterrichten. Mit großer Geduld und Hingabe zeigte er mir Wesen und Struktur von Takt und Rhythmus, während das eigentliche Erlernen der Technik (ich wollte „Schlagzeug“ spielen) der Erfindungsgabe und fleißigem Üben des Lehrlings überlassen wurde.

Neben Pauke und Trommel hatte das Schlagzeug noch Tomtoms, Holzblock, Kuhglocken und Becken, nicht nur schwingend am „Galgen“ hängend, sondern auch eine selbstgebaute Anlage für Fußbetrieb. Diese, der sogenannte „Frosch“, bestand aus zwei derben Holzbrettern, an einem Ende mit Scharnier vereinigt, und auseinanderklaffend mittels einer starken Spiralfeder am anderen, an welchem zwei sich gegenüberstehende Messingbecken befanden. Ein wuchtiger Fußtritt im rechten Moment erzeugte einen Höllenkrach: Hatte man gut gezielt, so blieb der „Frosch“ auf seinem Platz; wenn nicht, so schnellte ihn die Sprungfeder außer Reichweite – woher er seinen Namen bekommen haben mochte.
In meinem 1939 entstandenen Gemälde „Bauhauskapelle“ habe ich das Schlagzeug, komplett mit „Frosch“, abgebildet.* * Ich darf nicht unerwähnt lassen, dass in diesem Gemälde einige nicht mit der historischen Aktualität vereinbare Änderungen angebracht sind.

Der Bumbass (auch Teufelsgeige genannt) ist auch einer Beschreibung wert, obwohl er nicht selbst-konstruiert war sondern (zu jener Zeit) im Handel erhältlich war. Er bestand aus einem soliden, ca. 1,5 m langen Holzstamm, der am unteren Ende einem schweren Gummifuß, am oberen zwei kleine, lose befestigte Metall-Becken trug. Mitten am Stamm war eine kleine Trommel, über die ein Draht gespannt war; ein kleiner Klöppel war über dem Trommelfell am Draht so befestigt, dass er durch dessen Vibrieren aufschlug. Der Musikant hielt den Bumbass senkrecht in einer Hand und stieß ihn im Takt gegen den Fußboden, was, wenn dieser Boden ein hölzernes Podium war, eine dumpfes Donnern, pikant gemischt mit dem Klirren der oberen Becken, gab; in der anderen Hand hielt er eine hölzerne Säge mit großen stumpfen Zähnen, die quer über den Trommeldraht geratscht wurde: In Abwechselung mit dem Niederstoß brachte der kleine Trommelwirbel, der so erzeugt wurde, das „Um-pa-Um-pa“ der taktmäßigen Begleitung des Tanzes hervor.

Ein modulierfähiges Instrument war das „Flex-a-ton“, das neben rasselndem Klappern eine Art von Melodie-Linie lieferte. Ein starkes gekrümmtes Stahlblech mit einem Handgriff, hatte zwei federnde Klöppel, die durch Schütteln den Ton gaben; durch Andrücken oder Entspannung der Krümmung des Resonanzbleches konnte der Grundton variiert werden; mehr oder minder heftiges, anhaltendes Vibrieren produzierte eine Art von klingelndem bassocontinuo.

Ein weiteres typisches Instrument, was hiermit der Vergessenheit entrissen werden soll, war die Lotosflöte oder „Swanee whistle“, diese konnte als ein Melodie-Instrument gelten. Der Ton kam, wie bei jeder anderen Pfeife (die „Flöte“ war nichts anderes), ohne besonderen „Ansatz“ durch einfaches Blasen in ein eingekerbtes Mundstück zustande; bei dem grossen Volumen dieser Hartgummi-Röhre war ein beträchtlicher Atemaufwand nötig, um sie in Gang zu erhalten. Der Ton wurde durch einen im Flötenkörper gleitenden Kolben variiert: die Tonfolge war die einer Sirene, d.h. chromatisch-kontinuierlich: ein ton-rechtes Treffen von größeren Intervallen war Glücksache und staccato-Effekte beinah unmöglich: aber die Gesamtwirkung eines säuselnd-winselnden, heulenden oder triumphierend-gellenden Unter- oder Obertons unterstützte die Klavierwirkung und wurde seinerseits vom „Flex-a-ton“ unterbaut und verstärkt.

Der am besten bekannte Spieler dieser Instrumente war Alexander („Xanti“) Schawinsky. Er handhabte beide genannten Instrumente gleichzeitig, wobei er die nach oben gerichtete Lotosflöte in seinem pferdestarken Gebiss festhielt und mit einer Hand deren Kolben auf- und niederpumpte, mit der anderen das „Flex-a-ton“ schwang und schüttelte. Das Spiel der Kapelle brachte ihn in eine Art von Raserei, so dass man an den „Veitstanz“ erinnert wurde, wenn man ihn sah und hörte.

So wie beschrieben stellte sich mir die Kapelle dar, als ich sie im Frühjahr 1925 (das letzte der Weimarer Jahre des Bauhauses) antraf: Vier begeisterte Bacchanten, jeder in ein Hemd von den vier Bauhausfarben gekleidet: Weiß, Gelb, Blau und Rot. Anderthalb Jahre später sah ich diese Farben auf vier Bannern, die vom Dach des Bauhauses bei seiner feierlichen Eröffnung in Dessau hingen. Die Kapelle (jetzt in Weiß) war um ein Banjo bereichert worden, das erste, das mir je zu Gehör gekommen war. Clemens Röseler war der Spieler; in seinen Händen kam dieses Instrument zu seiner vollen Wirkung. Der Bumbass war von seinem ersten „Teufelsgeiger“ Heinrich Koch, auf den nicht minder begabten Fritz Kuhr übergegangen; das Schlagzeug wurde von Werner „Jackson“ gehandhabt. – Dieses Ensemble ist auf einer photographischen Postkarte zu sehen, die von Lucia Moholy-Nagy aufgenommen, zur Zeit der Bauhauseinweihung zusammen mit anderen Ansichten des Instituts, veröffentlicht wurde.

Für den großen Ball in Verbindung mit der Festlichkeit war auch eine Berliner Jazzkapelle engagiert. Ein Vergleich zwischen den zwei Gruppen ist interessant. Die Berliner traten in schwarzem Gesellschaftsanzug mit steifem Kragen auf, und vor ihren Sitzen auf dem Podium war ein kleiner Wald von Zusatzinstrumenten aufgestellt, auf welchen „gedoppelt“ wurde: Hauptsächlich Saxophone, vom kleinen Sopran durch alle Stufen (Alt und Tenor) bis zum Bariton, dazu noch zweite Trompete, Klarinette etc. – eine Kapitalanlage von mehreren tausend Mark. Die sechs Mann der Besetzung konnten alles spielen was auf Papier notiert war. – Welch ein Kontrast zwischen den Schwarzgekleideten und den Fünf mit ihrer oben beschriebenen Orchestrierung: Es ist zweifelhaft ob die Bauhauskapelle es je zu dreißig Nummern auf ihrem Programm gebracht hat. Und doch – die arkadische Einfachheit siegte auf der ganzen Linie.

Wie gesagt, kamen die von der Kapelle benützten Melodien von vorher unbeachteten Quellen verschiedener, vorwiegend östlicher Volksstämme. Für die Bauhausbevölkerung stellten sie etwas Wesentliches dar und drückten Tanzlust und Lebensfreude aus. Nach und nach hatte sich diese Musik auch Freunde außerhalb der Schule gemacht und die Gruppe wurde eingeladen, auch anderswo aufzutreten. Es ist jetzt Zeit, diese Musik etwas näher zu charakterisieren. Es waren sorgfältig ausgearbeitete Stücke, die auf vielen Proben vereinbart und festgelegt worden waren. Obwohl es keinerlei Partitur gab und frei und spontan gespielt wurde, waren die Nummern doch grundverschieden von dem wesentlichen Element des amerikanischen Jazz, dem Improvisieren während der sogenannten jam session. Die Namen der Stücke waren an sich schon bezeichnend für ihre Eigenart. Zum Beispiel, wenn Weininger sagte: „Wir spielen den „Russischen“, so wusste jeder dass in D-moll anzufangen war. „Der Ungarische“ war in E-moll u.s.w. Ein hinreißender Tanz des Namens „Der Chromatische“ muss aus dem Repertoire einer längst verschollenen Militärkapelle entnommen sein. So wie auch die bekannteste aller Bauhaus Melodien, der Bauhaus Marsch, dessen Anfang zu den Worten „Itten-Muche-Mazdaznan“ gesungen werden konnte und als „Bauhauspfiff“ international bekannt war. „Unika“ und „Matuto“ deuten auf Abstammung vom Mittelmeer, während der „Bo-la-bo“ ganz dadaistisch klingt. Andere Weisen hatten gar keine Namen sondern wurden nur als Der Walzer oder Der Tango angekündigt.
Es ist unmöglich, und auch nicht wichtig, alles aufzuzählen: ich will hiermit nur sagen, dass im Lauf der ersten Jahre das Programm eine markante Einheitlichkeit bekommen hatte, und, im Zusammenhang mit der beschriebenen Orchestrierung, ein typisches Bauhausprodukt geworden war.

Als das staatliche Bauhaus zu Weimar zum städtischen Bauhaus in Dessau wurde, kamen grundlegende Änderungen des gesteckten Arbeitsziels zustande. Die Wendungen sind viel beschrieben worden und auch ich habe in einem veröffentlichten Aufsatz versucht, sie kurz zusammenzufassen.* Die einst von Gropius stipulierte Einheit von Kunst und Technik wandelte sich in Spezialisierung um: Das Handwerk wurde zu industrieller Verarbeitung, der Bau zu Architektur. Und Walter Gropius machte eine epochale Amerikareise.
* „Painting, Sculpture and the Graphic Arts“ in Concepts of the Bauhaus: Ausstellungskatalog des Busch-Reisinger Museum, Harvard University 1971.

Ein solcher Kurswechsel machte sich in der Kapelle bemerkbar. Es wurde eine Amerikanisierung angestrebt. Der Gedanke ging von dem rührigen Schawinsky aus und er wusste ihm auch Form zu geben. Die Bauhäusler liebten Jazz und es mag verführerisch gewesen sein, eine „richtige Jazzband“ ins Haus zu bekommen. Diese Liebe erklärt die vielen existierenden Photographien aus jener Zeit, in denen wieder und wieder vor allem das Saxophon auftritt. In zwei solchen Instrumenten und einer Posaune wurde das aus einer Geldsammlung zusammengebrachte Kapital angelegt, wozu noch eine Klarinette kam, die aber aus Privatmitteln bezahlt wurde [i.e. Feininger Familie].

1928 hatte die Kapelle einen Bläserchor von drei Instrumenten, deren Spieler alle auf einem anderen Instrument „doppelten“. Einige der älteren Mitglieder traten vom Spiel zurück (Weininger, Jackson, Koch) und wurden durch neues Blut ersetzt („Eddie“ Collein, Ernst Egeler, Roman Clemens). In das überlieferte Programm wurden neue Tänze aufgenommen, und hierin sehe ich den Anfang von Verfallserscheinungen. Schawinsky erklärte es für sinnlos, Tänze zu spielen, die niemand tanzen konnte: demgemäß führte er einen gastierenden Tanzlehrer aus Berlin ein, der die Bauhäusler in die Geheimnisse des Foxtrott, Charleston und Tango einweihte. Obwohl es niemand klar sagte, war es doch so, dass man „respektabler“ wurde.

Mit der Eigenständigkeit der ursprünglichen Bauhauskapelle war es hiermit vorbei. Keiner von uns war Musiker genug, um mit der Technik der Spezialisierung zu einer Jazzkapelle Schritt halten zu können. Die Bourgeoisierung der einstmals der lebenskräftigen Bohême entsprungenen Gruppe endete in einem Kompromiss, dem die politisch erzwungene Schließung des Bauhauses wenige Jahre später ein Ende bereitete.

T. Lux Feininger
April 1987, Cambridge, Massachusetts

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA
Publiziert in "Das frühe Bauhaus und Johannes Itten", Katalogbuch anläßlich des 75. Gründungsjubiläums des Staatlichen Bauhauses in Weimar.. Verlag Gerd Hatje, Ostfildern-Ruit, 1994, Seite 374-378.

Transkript Cecilia A. M. Witteveen
www.kunst-archive.net

T. Lux Feininger
FOTOGRAFIEN DER 1930er/40er JAHRE - Eröffnungsrede zur Ausstellung (1983)

T. Lux Feininger: Fotografien der 1930er/40er Jahre
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T. Lux Feininger
NAVIGATING UNDER CANVAS - Eine Skizze (1983)

Als ich 1929 zu malen anfing, waren die großen und kleinen Segelschiffe noch nicht gänzlich aus dem Alltagsleben an der Küste verschwunden. Ich spreche hier von Schiffen, mit denen Menschen ihr tägliches Brot verdienten, nicht von Sportbooten. Die Segelyachten standen damals unter dem modischen Zeichen der Aerodynamik und hatten Segelrisse, die zwar sehr wissenschaftlich, aber auch totlangweilig anzusehen waren, so dass ich nicht in die Versuchung kam, sie auf Bildern darzustellen. Daß die segelnden Handelschiffe sich nicht in motorisierte Schiffe verwandelt hatten, geschah aus Geldgründen, da die Wirtschaft in Deutschland nicht in Ordnung war. Die Armut der Fischer und Segelschiffer war für jemand der Segelschiffe liebte ein Reichtum.

Ich malte Schiffszenen, Häfen und dergleichen, nicht weil ich Schiffe, sonder weil ich Bilder malen wollte. Dieser Unterschied wurde mir aber erst später allmählich klar. Ich glaubte etwas Esoterisches erklären zu müssen, wenn ich immer wieder gefragt wurde, warum ich Schiffe malte: war ich jemals zu See gefahren? Waren meine Vorfahren Seeleute? usw. Diese dummen, und im Grunde unnützen und unnötigen Fragen hatten damit zu tun, dass die Malerei dieser Zeit abstrakt sein sollte, besonders natürlich dann, wenn jemand (wie ich) am Bauhaus studierte. Die gegenständliche Malerei stand tief im Kurs. Solche Verhöre ärgerten mich hauptsächlich, weil ich in der Tat nicht wusste, warum Schiffe überhaupt.

Mit den Bildern war es anders: Mit meiner ersten Ausstellung (im Erfurter Kunstverein) im Winter 1930-31 hatte ich Erfolg. Ich hoffe man versteht mich. Meine Bilder wurden von jenen gewürdigt, die für die Malerei eines neuen Künstlers ein Auge hatten; die lästigen Fragen nach dem Motiv waren als Tadel beabsichtigt; wenn jemand mich loben wollte, so wurde hervorgehoben, dass mit meinem Schiffen alles richtig war, so dass selbst der knurrigste Seebär nicht daran auszusetzen gehabt hätte. Solches Lob tat meiner Eitelkeit wohl, war aber unverdient und stand mir nicht zu. Diese Art von kunstrichtenden Seebären gibt es überall, und sie sehen nur das seemännische Detail: ob die Marssegelbrasse richtig geschoren ist, lässt sich auf meinen Bildern nicht erkennen, da ich weder sie, noch x-Dutzend andere Details, abzubilden pflegte. Nein, wenn meine Bilder als solche die Probe der öffentlichen Ausstellung bestehen konnten, so lag es einzig und allein an ihrer Aufrichtigkeit. Ich liebte meinen Gegenstand auf meine eigene Art, nicht ohne Selbstironie, aber aufrichtig. Ich versuchte mit allen Kräften, das Leben und Wesen der Schifffahrt zu erfassen – aber als ein Maler, nicht als ein verhinderter Leichtmatrose. Mit meiner Kurzsichtigkeit und Linkshändigkeit hätte ich einen schönen Schiffsjungen abgegeben! – Es handelte sich also um das Wesentliche, nicht ums Detail.

Was war wesentlich an der Segelschifffahrt? – Vor allem dieses, dass sie seit den frühesten Zeiten den Weg über die Ozeane ermöglichte. Nicht als verarmter Einzelgänger in Achterwässern, sondern geehrt und bewundert als Höchstleistung von menschlichem Geschick und gesundem Verstand – so wollte ich meine Schiffe darstellen. Meine Marinen waren Szenarien, die ich nie gesehen haben konnte – ich erfand sie, so wie ich sie brauchte. Dieser Art von Kunst wurde später, als der Gegenstand in der Malerei wieder salonfähig geworden war, als Magic Realism neu entdeckt, und ich erfuhr zu meinem freudigen Erstaunen, dass ich ein Mitbegründer davon gewesen war. – Die Phantasie und Einbildungskraft spielte also von Anfang an eine große Rolle. Die Fähigkeit, zu zeichnen, hängt ja nicht von der Wahl eines besonderen Objektes ab. Diese Fähigkeit ist nicht so sehr verschieden von der jedem offen stehenden Möglichkeit, das Schreiben zu lernen. Wer es einmal kann, dem ist es möglich, alles zu schreiben oder alles zu zeichnen. Man kann sehr wohl Dinge studieren, die nicht mehr mit Augen zu erblicken sind – und ich habe eben die Schiffe studiert, das darf ich sagen.

Aus der Skizze meiner künstlerischen Haltung geht hervor, dass ich in jungen Jahren aus emotionalen Gründen (in die ich damals kaum Einsicht haben konnte) mich zu den altmodischen und eventuell sogar verbitterten Seefahrern schlug – also ein Konservatiker war. Dies wird fürder bestätigt durch meine Weigerung, die Markoni-Takelage der Segelboote meiner Umgebung bildnerisch darzustellen. Und um das Maß vollzumachen, sahen mich meine Studiengenossen am Bauhaus als finsteren Reaktionär an, weil ich nicht nur gegenständlich malte, sondern noch dazu diese veralteten Dinger, an denen ein übereifriger Kritiker sogar noch auszusetzen hatte, dass meine Schiffe unter der Flagge des kapitalistischen England, Frankreich, Amerika usw. segelten. Sie mochten Recht haben, wenn sie fanden, dass an meinem Gebaren als Mitstudent dies und jenes zu beanstanden war; in Bezug auf meine Malerei irrten sie sich, denn Reaktion ist Ablehnung, Verneinung und Haß; meine Bilder aber entstanden aus Liebe zu unserer Welt, in der wir leben.

Wie andere vor mir, hatte ich einen Ausschnitt der Welt gewählt, der mir besonders adäquat war, und in ihm wollte ich darstellen, wie der kleine Mensch mit der großen Natur fertig wurde, als er, einem alten und nicht zu überhörendem Ruf folgend, sich auf die See begab. Ich wollte Schiffe, Boote, Kähne zeigen, mit denen das alles gemacht wurde; die in alle Welt fuhren, bemannt von jenen seltsamen Wesen, die so vieles konnten und wagten, und so schlecht dafür bezahlt wurden, und die zur See fuhren, weil sie nichts anderes wussten, als dass sie dafür geboren waren. Und ich hatte herausgefunden, dass ich zu einem Maler bestimmt war. Ich gebe zu, dass ich nicht gänzlich frei von romantischen Ideen war oder bin.

Ich war 22 Jahre alt, es war Sommer und ich segelte viel an der Ostseeküste in einem Fischerboot, das ich gemietet hatte. Der Eigner fuhr auf meine Bitte einige Male mit mir hinaus, um mir die nötigen Kunstgriffe – Knoten, Spleisse und ähnliche nützliche Dinge – beizubringen. Es sollte das einzige Mal bleiben, dass ich mich auf der See in Gesellschaft mit einem Mann befand, dessen Leben und Lebensunterhalt von einem segelnden Gebrauchsboot abhing. Seine Unterweisung beeindruckte mich lebenslang, so dass ich hier seinen Namen mit Dankbarkeit nennen möchte: er hieß Martin Tiegs und war aus West-Deep in Pommern.

T. Lux Feininger
März 1983, Cambridge, Massachusetts

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Transkript Cecilia A. M. Witteveen
www.kunst-archive.net

Erstveröffentlichung in: Randlage Querlage 2
RANDLAGE 22/23 im Verlag amBEATion Riewert Quedens Tode, Eylauer Straße 12, D-1000 Berlin 61.
Auflage 500 numerierte Exemplare
Dessau, Berlin, New York, Dezember 1983

T. Lux Feininger
FENSTER ZUM EAST RIVER - Das Telefoto-Experiment von 1946 (1983)

Ein Fenster auf den East River – Das Teleskop-Fotoexperiment von 1946
Ein Beitrag zur Ausstellung “T. Lux Feininger – Photographs of the 30s and 40s” in der Prakapas Gallery New York, 17. Juni – 15. Juli 1983


PROLOG

Im Frühjahr 1946 entwickelte ich ein optisches System zur Herstellung von Teleaufnahmen zum Eigengebrauch. Ich besaß weder das Geld noch die Neigung, Geld für solch teure Ausrüstung auszugeben, aber ich fand durch Experimente heraus, dass mein altes Zeiss-Fernglas vom Prismen-Typ (hergestellt in den 1890er Jahren) an das Objektiv meiner Pilot-Spiegelreflexkamera von 1940 angepasst werden konnte. Die einzige Schwierigkeit, die beim Fotografieren mit diesem System zu überwinden war, waren durch den schweren Verschluss verursachte Erschütterungen, die sich bei den erforderlichen Langzeitbelichtungen bemerkbar machten. Wenn jedoch genügend Zeit zur Verfügung stand, um die Vorrichtung richtig zu befestigen, konnten sehr zufriedenstellende Bilder produziert werden. Das System ergab eine ungefähr sechsfache lineare Vergrößerung. Um die Handhabung zu vereinfachen und die Belichtungszeiten zu verkürzen, habe ich eine Vorrichtung mit einem leichten Opernglas entwickelt, das eine etwa dreifache lineare Vergrößerung ergab. Die drei Ansichten der Turmuhr des Gebäudes der Metropolitan Life Insurance Company veranschaulichen die Vergrößerungsrate und die proportionale Verkleinerung des Sichtfelds der beiden Adapter im Vergleich zum Objektiv ohne Hilfsmittel. – Die East River-Bilder wurden mit dem Zeiss gemacht, während die Florida-Bilder teils mit dem stärkeren, teils mit dem kleineren Adapter gemacht wurden.

DAS FENSTER

Das Fenster befand sich im elften Stock des Hauses 235 East 22nd St., Manhattan, wo meine Eltern mehr als dreißig Jahre gelebt haben. Im Sommer 1946 nutzte ich diese Wohnung tagsüber als Malatelier. In den freien Momenten amüsierte ich mich damit, den Verkehr am East River zu beobachten und zu fotografieren. Ein winziger Abschnitt der mehrspurigen Autostraße entlang des Flusses konnte am Ende eines visuellen Tunnels ausgemacht werden, in einer Lücke zwischen einem hohen Industriebau zur Linken und den riesigen Speicher einer Gasgesellschaft zur Rechten. Die Speicher wurden später vollständig abgebaut, um Platz für ein Wohnprojekt zu machen. Die mit dem nackten Objektiv meiner Kamera aufgenommenen Bilder zeigen die gewöhnliche Sicht durch dieses Guckloch. Mein geduldiges System hat die Aussicht drastisch verändert. Es war gut, dass ich nicht gewartet hatte, bis ich eine bessere Ausrüstung besorgen konnte, denn Anfang des folgenden Jahres hatten die Neubausiedlungen des Peter Cooper Village und des Stuyvesant Village den Blick auf den Fluss so dicht gemacht wie ein Korken eine Weinflasche.


T. Lux Feininger
1983, Cambridge, Massachusetts

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Übertragen aus dem amerikanischen Englisch von Matthias Schossig, Transmedia Berlin, 2019

Transkript Cecilia A. M. Witteveen
www.kunst-archive.net

T. Lux Feininger
BAUHAUS-FOTOGRAFIE - Anmerkungen des Künstlers zu seiner Ausstellung (1980)

BAUHAUS-FOTOGRAFIE - Fotografien der Zanziger- und Dreißigerjahre von T. Lux Feininger – Anmerkungen des Künstlers zu seiner Ausstellung in der Prakapas Galery New York, 1980


Die meisten dieser Bilder wurden in den späten 1920er Jahren am Bauhaus aufgenommen; einige Kommentare scheinen angebracht: Ich kam als Schüler von Oskar Schlemmers Bühnenwerkstatt im Jahr 1926 in die Schule, war schon mit den fotografischen Prozessen vertraut und gewöhnte mich daran, meine Kamera und einen Vorrat an Platten in ihren Kassetten mitzunehmen, wenn ich ausging. Selbst wenn ich es gewollt hätte, hätte ich am Bauhaus zu dieser Zeit keine Fotografie studieren können, weil es kein Lehrfach Fotografie gab. Erst gegen Ende des Jahres 1929 wurden an der Schule ein Fotolabor und eine Dunkelkammer eingerichtet, als Walter Peterhans anfing, Unterricht in Fotografie zu geben. Es ist fast etwas verwunderlich, warum die früheren Studenten überhaupt keine Kenntnisse in dieser Disziplin besaßen.

Es gab ein paar Leute, die fotografierten – neben den bekannten Namen Lucia und Laszlo Moholy-Nagy fallen mir einige andere ein: Erich Consemüller, Ruth Hollos, Lou Berkenkamp-Scheper. Doch blieben diese sehr im Hintergrund und traten nur zu besonderen Anlässen in Erscheinung, um Ereignisse von allgemeinem Interesse zu fotografieren. Das herausragendste Ereignis war die großartige Inszenierung von Oskar Schlemmers lang gehegtem Traum, die gesamte Bauhaus-Architektur – Dächer, Balkone, Terrasse – für die Freiluftinszenierung seines Projekts „Mensch im Raum“ zu nutzen – seiner Idee für ein humanistisches Symbol für den Auftrag der Kunst. Jeder, der in der Lage war, eine Kamera auf ein Motiv zu richten und einen Auslöser zu drücken, erschien zu dieser Demonstration. Das Buch über das „Theater des Bauhauses“ wurde illustriert mit Fotografien, die an diesem großen Tag gemacht wurden, und auf einigen von ihnen ist der Verfasser dieser Zeilen sichtbar, erkennbar an der charakteristischen dunkelrandige Brille mit Gläsern der Stärke „Plus-Vier“.

Trotz meiner Jugend hatte ich klare Vorstellungen und wusste, worauf es mir ankam. Ich war mit meiner Fotografie um einige Jahre erfahrener als mit anderen Angelegenheiten des Bauhauses, obwohl ich fairerweise darauf bestehen muss, dass ich stets versuchte, meine Arbeit in Schlemmers Werkstatt sehr ernst zu nehmen. Mein Vater und auch Schlemmer – beide sehr fürsorgliche und verständnisvolle Einflüsse in meinem Leben – entschuldigten meine gelegentlichen Fehltritte mit einer schwerwiegenden Haltungsstörung aufgrund meiner Linkshändigkeit, und sie hatten möglicherweise Recht damit. Da mir jedoch keine manuellen Fähigkeiten fehlten, ist es zumindest fraglich, ob die Linkshändigkeit in den unbeabsichtigten Ausdrucksformen, für die sie verantwortlich gemacht wurde, nicht eher psychisch als manuell-physisch war. Persönlich vermute ich, dass dies der Fall war, und ich kann möglicherweise erklären, was ich mit dieser Aussage meine.

Es muss 1927 gewesen sein, dass Otto Umbehr („Umbo“), ein ehemaliger Bauhaus-Student aus Weimar, meine Fotos gesehen und vorgeschlagen hatte, mich mit S. H. Guttmann in Verbindung zu setzen, dessen Agentur DEPHOT in Berlin sich der Verbreitung des „Neuen Fotografie" widmete. Die Einführung durch diesen Star-Kameramann beeindruckte Guttmann, und mein Treffen mit ihm führte zu einem Vertrag zwischen der Agentur und mir und übrigens auch mit meinen beiden Brüdern. Andreas‘ Werk ist zu berühmt, als dass ich es erklären müsste, aber die Tatsache, dass mein Bruder Laurence für kurze Zeit sehr attraktive und einfallsreiche Stilllebenfotos von Puppen und anderen Spielzeugen unserer Mutter und unseres Vaters gemacht hat, ist weniger bekannt. Ich weiß nicht, ob jemals eines seiner Bilder veröffentlicht wurde. Er und Andreas trennten sich ebenfalls bald von DEPHOT. Doch meine Bilder kamen bei Kunstredakteuren und Verlegern verschiedener Zeitschriften gut an, von der streng bürgerlichen „Die Woche“ bis zum „Arbeiterfotograf“, der explizit proletarische Interessen verfolgte. Zu den Stammkunden zählten verschiedene Organe des Rundfunks, wie „Die Funkstunde“, „Der Rundfunk“ usw. Leider habe ich keine Unterlagen zu veröffentlichten Arbeiten oder zu den verschiedenen Ausstellungen der zeitgenössischen Fotografie aufbewahrt, an die ich Beiträge geschickt habe. Über die Verbuchung meiner Einkünfte habe ich nie nachgedacht. Dies wirft möglicherweise ein Licht auf eine idyllische Vergangenheit, bevor Finanzbeamte zur öffentlichen Bedrohung wurden, doch es sagt noch mehr über jugendlichen Leichtsinn, und dafür gibt es keine Entschuldigung.

Meine Teilnahme an der internationalen Ausstellung „Film und Foto Stuttgart 1929“ sorgte fünfzig Jahre später für eine Wiederbelebung des Interesses an meinen Bauhausbildern. Ute Eskildsen, der Kuratorin der Abteilung Fotografie des Folkwang-Museums in Essen, gelang es 1979, für die Gedenkausstellung zum 50. Jahresjubiläum fast alle meiner Originalabzüge zusammenzubringen, die in der ursprünglichen Ausstellung enthalten waren. Diese Ausstellung wurde zwangsläufig ausschließlich mit Original-Handabzügen bestückt, da ich fast alle meine Negative aus den europäischen Jahren verloren hatte. Sie gelten seit dem letzten Krieg als irgendwo in Deutschland „vermisst“.

Ich war beeindruckt von einigen meiner Entdeckungen, als ich meine alten Bilder mit kritischer Absicht im Zusammenhang mit dieser erneuten Aktivität überprüfte. Der Blick des Fotografen sowie seine frühere Umgebung tauchten in einem neuen Licht auf. Ich nahm zum Beispiel wahr, wie das „Ambiente“ der Bauhausatmosphäre (und nicht Details des täglichen Lebens) dazu beigetragen hatte, eine teilweise unbewusste Sichtweise zu entwickeln. Ich hatte vorher nicht gesehen, wie viele satirische Tendenzen in der Wahl des Sujets und seiner Behandlung wahrnehmbar waren. Die bloße Häufigkeit von Clown- und Grimassenbildern zeigt, wovon ich spreche. Mir wurde klarer, dass diese Tendenzen auf Gegenseitigkeit beruhten: Meine „Modelle“ waren nicht nur stets bereit, sich zum Narren zu machen, sondern ich musste auch sehr willig gewesen sein, ihre Possen zu fotografieren. Meine Selbstkritik führte mich zu dem Schluss, dass ich in diesen Bildern gegen etwas protestierte, und ich fand heraus, was dies gewesen sein könnte. Ich hatte die „offiziellen“ Bauhaus-Tonangeber (die Architekten unter Gropius und die „dialektischen Materialisten“ unter seinem Nachfolger Hannes Meyer) für schuldig befunden, sich verdammt ernst zu nehmen, und sie mussten „vom Sockel gestürzt“ werden.

Die neu gewonnenen Einsichten begannen damit, dass ich mich wiederholt mit dem Motiv der „überfluteten Dächer“ befasste. „Das flache Dach“ war natürlich das Wahrzeichen der modernen Architektur. (Und es ist bekannt, dass die ‚Hitleristen‘ in eben diesem Flachdach das Entartete in der Kunst der Architektur ausmachten.) Von diesen Flachdächern der modernen Bauhausgebäude lief das Wasser allerdings nicht so gut ab, wie es hätten sein sollen. Daher verspotten diese Fotos die Funktionsstörungen des „funktionalen Designs“.

Ein anderes (leider nicht mehr erhältliches) Bild tat ebendies für das „neue Material“ und dessen extravaganten Modernitätsanspruch: Irgendwo hatte ich eine Außenfläche entdeckt, auf der die Farbe ganz prächtig fein gewellt in großen Fetzen abblätterte. Ich musste geduldig auf die richtige Art von Licht– extra lange Schatten werfend – für meine Aufnahme warten, die als großartiges Musterbeispiel eines „neuen Fotografen“ für den Umgang mit Oberflächenstrukturen veröffentlicht wurde.

Die eigentliche Bedeutung dieser Art von Arbeiten ist mir jedoch erst kürzlich in Verbindung mit figurativen Themen aufgefallen. Wenn meine Darstellung der Koryphäen des Bauhauspersonals als Macher von Welt einerseits und der Arbeitsbienen und Clowns andererseits vielleicht ein wenig zu drastisch ist, wird zumindest deutlich, auf welcher Seite ich und meine Kamera sich befanden. Die Einstellung zur freien Malerei war in den Bauhausjahren indifferent. Während der „Einheitsphase“ in Weimar war man sich einig, dass Malerei weder besser noch schlechter ist als etwa Weben oder Bauen von Möbeln. Alles, einschließlich aller Handwerke, gehörte zum Spektrum der Fakultäten, die im Dienste der „Gestaltung“ ausgeübt werden sollten. In jüngerer Zeit hatte die Produktion die Einheit als Hauptanliegen abgelöst, und selbst das Wort „rentabel“ war bei der Betrachtung von Konzepten wie Funktionalismus oder Nützlichkeit kein Fremdwort mehr. In Dessau wurde das ehemalige „Baubüro“ durch eine Architekturabteilung mit regelmäßigen technischen Kursen wie Statik, Mathematik, Graphik, Materialien usw. ersetzt. Es gab jedoch keine anderen Abteilungen.

Kandinsky unterrichtete „analytisches Zeichnen“, in einer für alle Schüler obligatorischen Klasse. Klee hatte ebenfalls eine Pflichtklasse in Dessau, obwohl ich mich nicht an den offiziellen Namen erinnern kann. Natürlich war keine von beiden eine Malklasse. Farbprobleme wurden in der Werkstatt für „Wandmalerei“ behandelt, wobei die Material- und Maltechniken mit Problemen der Farbgestaltung und Farbtheorie kombiniert wurden. Es ist anzumerken, dass bei der Neuordnung des Lehrplans die farbtheoretischen Studien aus dem „Vorkurs“ (Grundkurs Gestaltung) gestrichen wurden, von dem sie zuvor einen integralen Bestandteil bildeten. Diese weitere Reduktion des „Einheitsprinzips“ hat das Gewicht stärker auf die Architekturkunst (d. h. die Wandmalerei) gelegt, da Studierenden nur die architekturbezogene „Wandmalerei“ für Farbstudien offenstand. Atelier- oder Staffelei-Malerei war in der Schule einfach nicht erwünscht, und der offizielle Wunsch schien zu sein, dass sie sich erübrigen würde. Paradoxerweise ist das Gegenteil eingetreten – die Forderungen nach der Malerei wurden lauter. Mehr und mehr Studenten wandten sich freieren Kunstansätzen zu. Für eine kurze Zeit nach dem Wechsel der Direktion von Gropius zu Meyer sah es so aus, als ob es für die Malerei besser laufen könnte. Hannes Meyer hatte beruhigende Bemerkungen hinsichtlich der Bedeutung gemacht, die er der bildenden Kunst einräumte. Wir stellten jedoch bald fest, dass Gropius‘ aufrichtige Gleichgültigkeit in dieser Sache dem Sozial-Bewusstsein Meyers vorzuziehen war. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich die offizielle Position zur Freiheit der Künste komplett gewendet. In der ersten Phase hatten die Konstruktivisten angenommen, dass die figürliche Malerei tot sei. Das Malen wäre von nun an abstrakt, um den Zwecken der Architektur besser zu dienen: eine Prophezeiung, die zuerst von dem „de Stijl“-Mann Van Doesburg ausgesprochen wurde, der sich in der Weimarer Zeit Gehör verschafft hatte. Zu Beginn der Meyer-Ära hatte die „Neue Sachlichkeit“ alle illusionistischen Elemente wieder in die Staffelei-Kunst reintegriert, und nurmehr der „Inhalt“ zählte dort, wo noch gestern alle Macht der „Form“ gegolten hatte. Insbesondere die abstrakte Malerei wurde bedauert, weil die Arbeiterklasse nicht wusste, was sie damit anfangen sollte. Solange das Bild eine soziale Bedeutung hatte, interessierte es niemanden, wie es vermittelt wurde. Wo Kunst auf diese Weise hinterfragt wird, sind die Vorwürfe des Elitismus nicht weit entfernt, und natürlich wurden die Maler von solchen nicht verschont.

Meine ersten ausgestellten Bilder, die an den Wänden des Bauhaus-Vestibüls ausgestellt waren, wurden in einer „Rezension“, die von einem studentischen Informationsblatt veröffentlicht wurde, das während des Meyer-Regimes für eine Weile wöchentlich erschien, hart kritisiert. Der Kritiker stellte fest, dass hier „für die Schiffe des Herrn Lux Feininger, die unter der Flagge des kapitalistischen Frankreichs, Englands und der Vereinigten Staaten fahren, kein Platz“ sei.
Zu diesem Zeitpunkt (gleichzeitig mit meinen letzten Bauhaus-Fotografien) waren die Grenzen faktisch gezogen, auf beiden Seiten gab es keinerlei Kompromisse. Unmittelbar vor dieser Frontenbildung hatte Paul Klee die Zeichen der Zeit erkannt, als er seinen berühmten Aufsatz in der „Zeitschrift für Gestaltung“ veröffentlichte, der mit den Worten beginnt: „Wir konstruieren und konstruieren, aber Intuition ist weiterhin eine gute Sache. Ohne sie geht vieles: aber nicht alles“. Aber weder seine Bemühungen noch die Oskar Schlemmers, die gegnerischen Parteien innerhalb der Schule zu versöhnen, konnten die Polarisierung verhindern, und die beiden Männer zogen sich von der Szene zurück, bevor das letzte Kapitel geschrieben war.

Die Fotografie entkam dieser Gesinnungsprüfung, weil sie gar nicht existierte – wenigstens offiziell. Sie war weder Kunst noch eine etablierte Werkstatt – ich habe bereits darauf hingewiesen, dass ihre Möglichkeiten lange Zeit einfach übersehen wurden. Man erfreute sich an meinen Bildern – dieselben Ideologen, die meine „kapitalistischen“ Segelschiffe zerrissen, sahen nichts Falsches an der Art und Weise, wie ich mit meiner Kamera umging. Eine Kamera ist eine Maschine, und Maschinen können nicht falsch sein. Und der Mann, der mit ihr mal hierhin, mal dorthin zeigt, spielt schon gar keine Rolle.

Noch ein, zwei Worte zum Bauhaus und ich bin fertig. Die häufigen Bilder mit Musikinstrumenten deuten auf die Popularität des Jazz nicht nur am Bauhaus, sondern in ganz Deutschland bis in die NS-Zeit hin. Die Botschafter der westlichen Kultur hatten die Nachkriegsgesellschaft im Sturm erobert. Die Bauhaus-Jazzband wurde Anfang der zwanziger Jahre gegründet und bestand mit wechselnder Besetzung bis zum Ende der Schule. Ich war drei Jahre lang ein aktives Mitglied und hatte mir geschworen, als ich das erste Mal die Band spielen hörte (ich war erst fünfzehn), dass ich nicht ruhen würde, bis ich es geschafft hatte, dazu zu gehören. Meine Teilnahme am Minikollektiv der Tanzband ist das vierte Element meiner Bauhausausbildung. Unter den Aktivitäten, die mich voll beschäftigten, wurde nur eine (die Arbeit in der Bühnenklasse) von einem Bauhaus-Meister unterrichtet. Die anderen drei - Fotografie, Malerei, Musik (in der Bauhauskapelle) - waren autodidaktisch. Außerdem kam die Ausbildung, die ich bei Oskar Schlemmer erhielt, nie im Theater zum praktischen Einsatz, d. h. ich habe nach dem Bauhaus-Abschluss nicht versucht, die Bühnenbildnerei zu meinem Beruf zu machen.

Der Vergleich von Studienfächern und autodidaktischen Leistungen im Lichte des späteren Lebens und späterer Erfahrungen scheint mir ein Indiz dafür zu sein, dass meine Bauhausausbildung wenigstens den Mann erfolgreich „gestaltet“ hat, wenn schon nicht seine Produkte. Durch Anregungen und Widerstände habe ich gelernt, tiefer in die Ressourcen einzudringen, die sich in meinem inneren Potenzial verbargen, was ein vorrangiges Ziel von Erziehung im Allgemeinen ist.

Ich habe nicht nur zweifelsfrei festgestellt, dass ich ein zweidimensionaler Mann der Bilder bin, sondern auch, dass mein Interesse an den sichtbaren Welten einen fruchtbaren Dialog von Fotografie und Malerei ermöglichte. Die Befürchtung zur Zeit meiner frühen malerischen Aktivitäten, „zwei Meistern (Kamera und Staffelei) zu dienen“ und damit letztlich die Entwicklung von Bildideen zu hemmen, hat sich auf lange Sicht als unbegründet erwiesen. In den letzten zehn oder mehr Jahren habe ich Fotografien in meinen gemalten Arbeiten intensiv und konstruktiv verwendet.

Postskriptum

Es gibt einige Bilder in dieser Ausstellung, die zwar zur Bauhaus-Zeit entstanden, aber nicht das Bauhaus zum Thema haben. DEPHOT vertrat mich immer noch, aber ich glaube nicht, dass eines dieser Werke veröffentlicht wurde. Sie scheinen mir den Bauhausszenen ebenbürtig, ja in ihrer bewussten und absichtlichen Herangehensweise überlegen zu sein – je nachdem, ob man intuitives Talent oder gezielte, durch Erfahrungen gestützte Bemühungen höher bewertet. Ich mag die Bilder besonders, weil sie etwas von dem Menschen auf der Straße, „in the street“ oder „dans la rue“ zeigen, je nachdem wo man sich gerade befindet. Die Tatsache, dass in einem der Bilder Tiere den Platz des Menschen auf der Straße einnehmen, erhöht nur meine Zufriedenheit.
Nachdem ich Deutschland verlassen hatte, war es aufgrund von Armut für einige Jahre nicht möglich, der Fotografie nachzugehen. Als ich sie 1946 wieder aufnehmen konnte, war sie zu einer Privatangelegenheit geworden: Ich wollte weder ausstellen noch veröffentlichen. Ungeachtet dieser Zurückhaltung denke ich, dass die Zeit zwischen 1946 und 1951 die Zeit ist, in der ich mich am intensivsten und bewusstesten mit Problemen der Fotografie befasst habe. Eine Krankheit und kurz darauf folgende Genesung sowie ein Umzug von New York nach Cambridge, Massachusetts, führten dazu, dass meine fotografische Tätigkeit sich fürderhin auf das Fotografieren fürs Familienalbum beschränkte.

T. Lux Feininger
Westport Point, 2. August 1980

Übertragen aus dem amerikanischen Englisch von Matthias Schossig, transMedia, Berlin, 2019

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Transkript Cecilia A. M. Witteveen
www.kunst-archive.net

T. Lux Feininger
DAS BAUHAUS: FORTENTWICKLUNG EINER IDEE
Ein Beitrag zu "Bauhaus und Bauhäusler" (1971)

Ich bin mit dem Bauhaus und am Bauhaus aufgewachsen. Ich war neun Jahre alt, als mein Vater aufgefordert wurde, Gründungsmitglied zu werden. Das machte unseren Umzug von Berlin nach Weimar erforderlich. Wie ich mich entsinne, war das von einer Reihe erfreulicher Umstände begleitet. Die ersten Frühlingstage nach dem Krieg waren Tage voller neu aufkeimender Hoffnung.
Ich liebte die Stadt und die Umgebung von Weimar, doch am meisten mochte ich die Bauhaus-Atmosphäre. Als Kind macht man sich keine Gedanken um den Ursprung und die Geschichte der Dinge, und so lernte ich die anziehenden Leute, ihre Werke und die Aufmerksamkeit, die sie mir und meinen Arbeiten schenkten, kennen als etwas, das es vielleicht schon immer gegeben hatte, das aber ganz sicher einen sehr angenehmen und erfreulichen Kontrast bildete zu den muffigen Fächern auf dem Gymnasium. Die Leute vom Bauhaus liebten die Fröhlichkeit, überließen sich dem Spiel, gaben sich dem Feiern von Festen hin; eine Lampionserenade unter unseren Fenstern am Geburtstag meines Vaters wird immer unvergesslich für mich bleiben. In den folgenden Jahren drängten sich, ganz unvermeidlich, andere Ereignisse in die Hochstimmung des Neubeginns, und als ich sieben Jahre später selbst Student des Bauhauses wurde (der jüngste, den man je zugelassen hatte), hätte ich mich vielleicht noch dunkel an meine kindliche Anteilnahme erinnern können, wäre ich nicht in einer völlig neuen, gänzlich anderen Verfassung gewesen, so dass mir alles wie eine ganz neue Welt vorkam.

40 Jahre sind seit jener Zeit vergangen; und je mehr ich über das staune, was mir einst so vertraut gewesen ist, desto mehr Staunenswertes eröffnet sich mir. Diese Entdeckungen beruhen auf zwei verschiedenen, einander aber doch berührenden Anschauungen. Ich hätte nie gedacht, welchen Einfluss die Schule auf meine Entwicklung genommen und welche Formungskraft sie hatte, ganz besonders nicht, welche Einmaligkeit, weIche Tiefe, welch kritisches Wahrnehmungsvermögen sie in einer Gemeinschaft vermittelte, in die ich als junger Mensch so unkritisch hineinspazierte, wie man vielleicht gelegentlich in eine am Weg liegende alte Kirche hineingerät; etwas, das es »immer gegeben hat«. Ich entdecke, dass es das nicht immer gegeben hat und dass es das bald auch nicht mehr geben wird. Ich muss versuchen zu trennen zwischen der persönlichen Erinnerung und der ganz allmählichen Erkenntnis der gesellschaftlichen Bedeutung dessen, was als »Bauhaus« bekannt ist, ein Gebilde, entstanden aus dem Zusammenwirken vieler. Am Anfang all dessen standen die Vision und der Genius von Walter Gropius. Niemals zuvor traf das Wort des Propheten, der zu Hause verhöhnt wird, mehr zu als in seinem Fall. Seine Botschaft beginnt, wie könnte es anders sein, mit einem Wort. Seine Schöpfung wollte er »DAS BAUHAUS – Hochschule für Gestaltung« nennen. Das Wort Gestaltung verkörpert dabei die Philosophie, die ihm vorschwebte.

Wenn »Bauhaus« allerdings den mittelalterlichen Begriff »Bauhütte«, Zentrum der Kathedralenbauer, wieder aufnimmt, dann ist das Wort Gestaltung alt, bedeutungsträchtig und so schwer zu übersetzen, dass es Eingang ins Englische gefunden hat. Über die Bedeutung des Gestaltens, des Formens, des Durchdenkens hinaus hat es etwas, das die Gesamtheit einer solchen Schöpfung, eines Kunstwerkes oder einer Idee, hervorhebt. Es lässt Nebelhaftes, Diffuses nicht zu. In seiner ganzen philosophischen Bedeutung ist es Ausdruck des platonischen »eidolon«, des Urbildes, der vorexistenten Form. Das Gefühl für das enge Nebeneinandersein des reinen Gedankens und der konkreten Substanz ist typisch deutsch. Am Sinn und Widersinn der Gedichte von Christian Morgenstern wage ich nicht zu entscheiden, was überwiegt. Einer seiner Vierzeiler spricht, die Gründung des Bauhauses vorwegnehmend, von der Tragik zwischen Geist und Körper, und das bleibt, auch wenn ich zum Ergebnis kommen muss, dass es keine bewusste Parallele dazu geben kann, eine seltsam treffende Vorwegnahme: Wenn ich sitze, möcht ich nicht sitzen wie mein Sitzfleisch möchte, sondern wie mein Sitzgeist sich, säße er, den Sitz sich flöchte.

Noch während Gropius in der Armee diente, hatte man ihn aufgefordert, die Neugründung und mögliche Zusammenlegung zweier Schulen in Weimar zu planen: der Hochschule für bildende Kunst und der Kunstgewerbeschule, die beide unter der Schirmherrschaft des Großherzogs von Sachsen-Weimar standen. Ausgestattet mit allen Vollmachten und mit Geld, konnte Gropius 1919 die ersten drei Künstler berufen: Johannes Itten, Lyonel Feininger und Gerhard Marcks. Paul Klee und Oskar Schlemmer nahmen den Ruf 1921 an, Kandinsky 1922 und Moholy-Nagy 1923. Unter diesen sieben Künstlern waren sechs Maler und ein Bildhauer; und nur einer von ihnen, Johannes Itten, besaß feste Vorstellungen von Kunsterziehung und hatte zuvor bereits Kunst gelehrt. Sie alle sollten »Form-Meister« sein und jeweils zusammen mit einem technischen »Werk-Meister« einen der Ausbildungszweige Schreinerei (Möbel), Metallbearbeitung, Weberei, Keramik, Farbdesign (Wandmalerei), Steinmetzerei, Druckerei, Buchbinderei und Glasbearbeitung leiten. Die Bühnenwerkstatt gewann erst ganz allmählich Bedeutung.
Gropius nannte das Studienprogramm, das er entworfen hatte und anlässlich der Eröffnung der Schule vortrug, »Idee und Aufbau des Staatlichen Bauhauses«; eine Zeitschrift für Gestaltung wurde ins Leben gerufen, in der der Ausbildungsgang dargelegt wurde nach dem Vorbild der Künstler-Innungen in Deutschland, aufbauend auf den Ausbildungsstufen Lehrling – Geselle – Meister. Durch die starke Betonung des Handwerks sollte eine Theorie der Gestaltung entstehen, wobei Praxis und Theorie aus dem gemeinsamen Geist der Architektur des Gesamtgefüges inspiriert werden sollten. Das waren die Grundzüge, nach denen sich das Leben und die Lehre am Bauhaus entfalteten.

Heutzutage wird der Begriff »revolutionär« vielleicht ein wenig zu leichtfertig für ein neues Waschmittel oder irgendeine Finesse am neuesten Automodell gebraucht, die Idee des Bauhauses war aber tatsächlich revolutionär; nicht weil – wie viele denken – die am Bauhaus entworfenen Stühle, Gefäße, Lampen usw. anders aussahen als andere Lampen, Gefäße und Stühle, sondern weil das Bauhaus einen anderen pädagogischen Ansatz hatte. Wo hat es im vorrevolutionären Deutschland – oder anderswo – eine Schule gegeben, auf der die Lehrer ihre Studenten genau befragten, was und wie sie lernen wollten?

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Wenn auch die Produkte des Bauhauses später eine bestimmte Richtung einschlugen, so war am Anfang keine feste Vorstellung davon geplant. Sogar ausgesprochenes Industrie-Design, Entwerfen neuer Produkte für die Massenproduktion, wurde zunächst nicht »gelehrt«, so charakteristisch dieses auch späterhin werden mochte. Auch wenn Gropius vielleicht eine vage Vorstellung gehabt hatte, die Studenten hatten keine. Das änderte sich sehr bald – verfrüht, wie die Formmeister dachten – durch den steten äußeren Druck von Seiten der Gesetzgeber, die ihren Geldgebern »Ergebnisse« vorweisen wollten. Die wirklich revolutionäre Konzeption liegt in der Methode des Lehrens und nicht in den Produkten, die entstanden. Gropius' unerschütterliche Idealvorstellung war das »gemeinschaftliche Kunstwerk – ein Gesamtgefüge« (der »Bau«), und um das zu verwirklichen, mussten Mittel und Wege gefunden werden. Sein Plan war, eine Gruppe stark ausgeprägter Individualisten in einem Kern zu formieren, der Breitenwirkung haben sollte. Wer, zum Beispiel in der Malerei, einmal die »äußere Form« gefunden hat, muss diese Form auch auf andere Gebiete übertragen können. Ohne dass der Maler oder Bildhauer seine berufsspezifischen Techniken aufgibt, muss er seine Schöpfung im Bereich der »äußeren Form« auf alle Studienbereiche übertragen können; er darf nicht »Malerei« unterrichten, sondern muss »äußere Form« lehren. Zweifellos ein sehr hohes Ziel. Doch es wurde erreicht. Es hätte aber nie erreicht werden können, wenn die ersten Studentenjahrgänge nicht das gewesen wären, was sie waren; »zielstrebig« würden wir heute sagen, durch Entbehrungen, Not und Elend und Resignation über das Versagen eines Systems, hungrig nach geistiger Wiedergeburt. Sie kamen mit der Bereitschaft zum Experimentieren ans Bauhaus. Mit der Flucht des Kaisers war ganz plötzlich ein autoritäres Zeitalter zu Ende gegangen.

Aus dem politischen, wirtschaftlichen und moralischen Chaos rief man die fortschrittlichen Intellektuellen, die gestern noch eine verachtete Minderheit waren, zur Mithilfe bei der Neubildung des Gesellschaftssystems auf. Dieses völlig neue, schockierende Vordringen des Bauhaus-Ideengutes war nur möglich, weil eine ganze Gruppe im Kampf gegen Barbarei und Reaktion ein gemeinsames Ziel anstrebte. In ihrem Abgekapseltsein war nichts Wirklichkeitsfremdes. Es war nur der in diesem Stadium erforderliche Pioniergeist, der dieser Gruppe zur Aufgabe machte, sich in Deutschland zu etablieren. Alle waren arm – die Inflation sorgte dafür; aber die Bauhaus-Gemeinschaft verkörperte im Anfang die »Armen im Geiste«. Der Lebensstandard war niedrig (die finanzielle Situation wurde so schwierig, dass das Unterrichtsgeld völlig abgeschafft werden musste), die Ziele waren hoch. Die Bauhäusler von 1920 sahen hohlwangig und hohläugig aus, trugen auffallende Bekleidung, liefen barfuß in Sandalen herum, die Männer hatten lange Locken, die Frauen Bubiköpfe, und sie verursachten ständig irgendwelchen Ärger in der Öffentlichkeit. Doch unter diesem exzentrischen Äußeren verbarg sich Begeisterung für eine Idee, ein brennendes Streben nach Vergeistigung, die Bereitschaft, auf der Suche danach die verrücktesten Fehler zu machen – eine Horde Suchender aus einem Stück von Dostojewski. Begeisterung und tiefe Niedergeschlagenheit bei ihnen wechselten einander ab. Sie waren unermüdliche Streiter, heute Widersacher und voller Anschuldigungen, morgen von gemeinsamem, rastlosem Tatendrang, wenn es die Sache erforderte.
Zwar misstrauten sie aller Führung und sträubten sich gegen »Beeinflussung«, doch sie konnten auch Selbstdisziplin und Loyalität ihrem Direktor und ihren Lehrern gegenüber bekunden, wenn Gefahr von außen drohte. Lyonel Feiningers erste Eindrücke, die er über die zukünftigen Studenten schriftlich niederlegte, waren folgende: »Mai 1919: Die Studenten, die ich bisher gesehen habe, sehen sehr selbstbewusst aus. Fast alle waren beim Militär, es ist ein neuer Menschenschlag, eine neue Generation. Sie sind keineswegs so zahm und harmlos, wie es sich die alten Professoren hier vorstellen. (»Die alten Professoren« gehörten zur Vorkriegsfakultät der Akademie; sie zogen sich bald nach der Bauhaus-Eröffnung zurück.)
Mai 1919: Wie oft bin ich in diesen Tagen mit der Tatsache konfrontiert worden, dass diese jungen Leute keine Kinder mehr sind… dass sie nichts hinnehmen, ohne es vorher gnadenlos zerpflückt zu haben… Für sie ist Expressionismus das Symbol ihrer Generation und ihrer Sehnsucht.

Juni 1919: Diese Gespräche mit den Studenten gehören zu den Dingen, die mich am meisten beschäftigen. Ich grüble häufig darüber nach, wie man eine gemeinsame Arbeit mit den Studenten aufbauen kann. Ich glaube, jetzt hab ich's: sie leiten und ihnen helfen, ganz offen mit ihnen reden und Gedanken und Ideen mit ihnen austauschen. Ich fühle mich reich und stark, ich bin überzeugt davon, dass ich ihre Entwicklung mitformen kann, ohne sie zu etwas zwingen zu müssen, was ihnen fremd ist. Das Vertrauen, das sie in mich setzen, ist wundervoll.«

Die Formmeister konnten Privatschüler unterrichten, aber zum offiziellen Lehrplan gehörte keine Klasse für Malerei. Lyonel Feininger wurde die Leitung der »Druckerei-Werkstatt« übertragen.
Die Haltung, die Gropius den Schönen Künsten gegenüber einnahm, ist in dem eingangs erwähnten Bericht (Idee und Aufbau) niedergelegt: »Der pädagogische Grundfehler der Akademien war die Einstellung auf das außerordentliche Genie, anstatt… dass kleinere Begabungen dem Werkleben des Volkes durch entsprechende Schulung nutzbar gemacht wurden…« Klarer kann er es nicht sagen, sowohl was Ablehnung von vorangegangenen Einstellungen anbelangt als auch zur Feststellung der neuen Richtung. Wie andere ideologische Feststellungen ist auch diese nicht frei von Paradoxa. Die ethisch wertvolle republikanische Ablehnung der veralteten akademischen Hierarchie ging von einem Manne aus, der in seinem Innersten ein Gentleman und Aristokrat war. Um eine Schule aufzubauen, deren Leistungsniveau nach seinen Bewertungsmaßstäben niedriger sein musste, lud er berühmte Maler ein, für die die Möglichkeit bestand, unter seiner Nase eine neue Akademie ins Leben zu rufen. Diese Gefahr wurde abgewendet, nicht ohne häufige Auseinandersetzungen und gelegentlich einen massiven Krach: Die Sitzungen des »MeisterRates« führten oft zu heftigen Debatten.

Lassen Sie mich kurz zu Lyonel Feininger zurückkehren: Die Zitate zeigen deutlich, wie sehr sich der Künstler bemühte, die völlig veränderten Verhältnisse mit neuen Augen zu sehen. Dies traf für alle zu, die ans Bauhaus berufen wurden, außer für Itten, der das alles schon kannte. Sie alle neigten von Natur aus mehr dazu, sich in den Geist der Zusammenarbeit anhand eines gemeinschaftlichen Lehrplans einzufügen als mein Vater, der an der Idee des »Künstlers im Amt« festhielt und sich stärker auf Beeinflussung als auf schulmäßiges Dozieren verließ. So entschloss er sich, auch nach der Übersiedlung nach Dessau, als unbezahltes Mitglied am Bauhaus zu bleiben. Der Unterricht am Bauhaus tendierte jedoch ganz allmählich in die entgegengesetzte Richtung, in die Richtung von Klassen und Fächern.

An diesen unterschiedlichen Lehransätzen sieht man am besten, wie richtig Gropius' Plan von Anfang an gewesen war, wenn er auf der totalen Persönlichkeit seiner Mitarbeiter aufbaute, statt sich viel um ihre künstlerischen Privatansichten zu kümmern. Unter diesem Gesichtspunkt ist es interessant, dass gerade Itten es war, der am besten ausgebildete und erfahrenste Lehrer am Bauhaus, der sich am allerwenigsten dieser Gemeinschaftsidee unterordnen konnte und als erster das Bauhaus verließ.

1922 bis 1924 waren entscheidende Jahre für das Bauhaus. Die große Bauhaus-Ausstellung von 1923 wurde 1922 beschlossen. Das geschah auf Grund der starken Kritik von außen, und es kam hinzu, dass Gropius selbst von der Richtigkeit dieses Schrittes überzeugt war, gegen die Meinung der Lehrer und Studenten, die glaubten, eine solche Zurschaustellung in der Öffentlichkeit sei vorzeitig und könne daher die gesamte Ausbildungskonzeption gefährden. Gropius konnte jedoch den Lehrkörper davon überzeugen, dass ohne dieses Zugeständnis die Tage der Schule gezählt seien. Die Ausstellung, heute ein Markstein in der Geschichte der modernen Kunst, zeigte damals ganz klar, wie richtig die Bauhaus-Ziele waren. Obwohl sich bereits das Ende der Weimarer Zeit abzeichnete, stand ohne jeden Zweifel fest, dass das Bauhaus nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa bedeutend war. Die Reaktion auf diese Ausstellung war überall in überwältigendem Maße positiv, mit Ausnahme von Seiten der konservativen Einheimischen. Die Aufforderung der Stadt Dessau, das Bauhaus solle dort ansässig werden, war eine unmittelbare Folge der Ausstellung.

Es überrascht keineswegs, dass sich gerade in dieser Zeit des intensiven Bemühens die Ideologie herauszukristallisieren begann. Die Zeit des bloßen Experimentierens war vorbei. Von nun an erschien es wesentlich, dass gewinnbringende Arbeit produziert wurde; dies konnte nur in Zusammenarbeit mit der Industrie erreicht werden. Einem Teil der Bauhäusler widerstrebte diese neue Linie durchaus, doch die Mehrheit der Lehrer und Studenten war damit einverstanden, teils weil sie nicht daran vorbeikamen, teils weil sie ihnen ganz erstrebenswert erschien. Zwei Wege begannen sich abzuzeichnen: es konzentrierten sich seither die Klassen einmal auf Standard-Design für die industrielle Fertigung – die Klasse für Architektur richtete von nun an Kurse in Mathematik, Physik, Statik, Grafik usw. ein und ersetzte das bisherige private Baubüro – zum anderen fanden die Ziele der Künstler stärker Anerkennung. Klee und Kandinsky richteten regelmäßige Kurse ein; sie wurden für alle Studenten am Bauhaus obligatorisch. Darüber hinaus bot man freie Malklassen dieser beiden Lehrer an. Wenn auf diesem Wege die Anhänger beider Richtungen am Bauhaus Gewinne erzielten, so geschah dies auf Kosten einer Schwächung des Einheitsprinzips, nach welchem versucht werden sollte, durch das Erforschen der Beziehungen zwischen den einzelnen Disziplinen eine große einheitliche Linie zu erreichen, wo alle Design-Probleme nur formaler Art waren und wo die finale Form eines Stuhles zum Beispiel (im oben erwähnten Morgensternschen Sinne) das Ergebnis eines Prozesses sein konnte, der sich nicht wesentlich von der Schaffung eines Gemäldes oder einer Skulptur unterschied.

Die ursprüngliche Unschuld und Freude an Entdeckungen war vorbei; das Bauhaus wurde »erwachsen«. Es gewann ganz beachtlich an Profil. Durch den Umzug nach Dessau 1925 gingen einige weg und machten anderes; fünf ehemalige Studenten wurden Meister. Sie sollten für das Bauhaus bedeutende Lehrer werden. Es waren Josef Albers, Herbert Bayer, Marcel Breuer, Hinnerk Scheper und Joost Schmidt. Von den ersten drei Lehrern ging nur Feininger als »Künstler im Amt« mit nach Dessau; so wurden fast alle Meisterstellen mit neuen Lehrern besetzt. Auch die Lehrfächer änderten sich. Die Werkstätten für Steinmetzerei, Keramik und Glasbearbeitung wurden aufgelöst; aus der ehemaligen Druckereiwerkstatt und der Buchbinderei wurde eine Klasse für typographische Druckerei, in der auch Grundzüge der Werbung – in Zusammenarbeit mit einem Werkmeister – gelehrt wurden, anfänglich unter Herbert Bayer, später unter Joost Schmidt. Die Bühnenklasse war anfänglich ein etwas schwer zu definierendes Gebilde gewesen; in Dessau wurde »Theater« festes Lehrfach, und bekam eine experimentelle Bühnenwerkstatt, deren Leitung Oskar Schlemmer übernahm.

Die Aufforderung, nach Dessau zu kommen, und die Errichtung des prachtvollen Gebäudekomplexes für das Bauhaus verdankte man dem weitvorausschauenden und liberalen Stadtrat unter der progressiven Führung von Oberbürgermeister Fritz Hesse. Nachdem das Bauhaus in Dessau in siebenjähriger Aufbauarbeit – 1925 bis 1928 unter der Leitung von Gropius, 1928 bis 1930 unter Hannes Meyer und 1930 bis 1932 unter Mies van der Rohe – nun seiner Vollendung entgegensah, zerbrach es wie so viele andere Einrichtungen am NaziRegime. Zum Schluss wurde das Bauhaus von Rechts- wie von Linksextremisten attackiert.

Als das Gebäude im Dezember 1926 offiziell eingeweiht wurde, hatte das Bauhaus eine vielversprechende Zukunft vor sich. Die Bauhäusler glaubten zu Recht, sie hätten den Nachweis für ihre Existenzberechtigung erbracht.
Die Bevölkerung von Sachsen-Anhalt arbeitete vorwiegend in der Industrie, nicht in der Landwirtschaft, sie war aufgeschlossen, nicht rückschrittlich. Der Geist und die Hallen der großherzoglichen Akademie gehörten endgültig der Vergangenheit an. Zwei Jahre zuvor war die unruhige Zeit der Inflation zu Ende gegangen; die Stabilisierung der deutschen Währung brachte eine Zeit voller Optimismus und günstiger Prognosen für die Wirtschaft.

Von diesem Zeitpunkt an kann ich aus persönlicher Erfahrung vom Unterricht am Bauhaus berichten. Alle Lehrer gingen von der Idee aus, dass die Studenten Selbstdisziplin zu üben hatten, und sie verzichteten darauf, Aufgaben unter Zwang ausführen zu lassen. Es wurden Ideen ausgeworfen, und wenn sich ein Student entschloss, an einer dieser Ideen weiterzuarbeiten, war es gut; wenn er nicht wollte, wurde nicht darauf bestanden. Es wurden keine Grade verliehen, es gab weder Prüfungen noch Zensuren. Von Zeit zu Zeit überprüften die Form- und Werkmeister die Arbeit der Studenten in den Werkstätten, und in kritischen Fällen wurden sie ermahnt; wenn einer überhaupt nichts zustande brachte, konnte es vorkommen, dass er aufgefordert wurde, die Schule zu verlassen. Kein Zweifel, es gab auch die Möglichkeit, in einer ganzen Reihe von Klassen am Unterricht teilzunehmen, ohne auch nur das Geringste zu lernen. Das war am Bauhaus auch nicht anders als in einer herkömmlichen Schule; ein Teil der Studenten ging ab, und weil keine akademischen Titel verliehen wurden, bin ich ganz sicher, dass das Bauhaus weniger unfähige Absolventen hatte als jede andere Hochschule. Das ist im Wesentlichen auf die hohen Anforderungen zurückzuführen, die an die große Zahl von Bewerbern um einen Studienplatz gestellt wurden. Lediglich in den letzten Jahren wurden die Aufnahmebedingungen etwas weniger streng gehandhabt. Zur Zeit als Hannes Meyer das Bauhaus leitete, wurde zum ersten Mal parteipolitische Aktivität geduldet, deren zersetzende Wirkung, die damals einsetzte, den Auflösungsprozess beschleunigt hat, nachdem Gropius von seinem Posten zurückgetreten war.

Der Vorkurs von Josef Albers zeigte am deutlichsten die Charakteristik der Kurse am Bauhaus. Die Idee eines Probesemesters, nach dessen Abschluss die Aufnahme in eine der Werkstätten erfolgen sollte und nach dem man auch recht zuverlässig sagen konnte, ob diese Schule für den Absolventen überhaupt geeignet sei oder nicht, war aus den Jahren in Weimar übernommen worden, als Itten und Georg Muche nach dieser Methode auswählten. Albers änderte aber die Konzeption dieses Kurses so stark, dass außer dem Namen aus dieser Zeit nichts mehr übrigblieb. Wichtig schien ihm, dass mit vielerlei Materialien, vornehmlich mit Holz, Papier und Metall, Gestaltungsversuche gemacht wurden. Die spezifischen Eigenheiten der einzelnen Materialien konnte man am besten begreifen lernen, wenn man sie auseinandernahm und wieder zusammenfügte, mit einem Minimum an Materialverschwendung und Werkzeugaufwand. Beim Zusammenfügen der Einzelteile konnte man die Bestandteile des entsprechenden Materials am besten erforschen; Metall z.B. kann man biegen, Holz dagegen nicht, es sei denn unter erheblichem Aufwand; Metall muss geschnitten werden, Papier kann man reißen usw. Bevorzugt waren Materialien aus dem Alltagsgebrauch, die normalerweise weggeworfen werden; ich entsinne mich an ein höchst eindrucksvolles Gebilde, das aus nichts anderem als Sicherheitsrasierklingen (vom Hersteller gekerbt und mit Löchern versehen) und abgebrannten Streichhölzern zusammengesetzt war.
Das erstaunlichste an solcher Art von Arbeit ist die Tatsache, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes nicht »gelehrt« wurde. Sehr viel von diesem »Geist« haben wir auch in Oskar Schlemmers Vorträgen gemerkt; Ideen wurden vorgeschlagen, und manches im Verborgenen blühende Talent wurde so angesprochen; auf diese Weise erzielte man ganz erstaunliche Resultate. Aber man spürte auch die ungeheure Überzeugungskraft, die von Albers ausging, Freude an allem, was er tat, auch eine gewisse Ehrfurcht, mit der selbst verunglückte Arbeiten diskutiert wurden, um den Studenten ihre Arbeiten stärker bewusst zu machen. Zu meinen ersten Eindrücken über Albers' Vorkurs gehört die Einführung einer StaplerDrahtheftmaschine, die damals längst nicht so bekannt war wie heute; er führte mit großer innerer Befriedigung ihre vielfältigen Variationsmöglichkeiten vor und schloss auch gleich noch einen Vortrag über die amerikanische Herkunft dieser Maschine an. Ich erinnere mich auch an eine Führung durch eine Pappkartonfabrik, die wir machten; ich gestehe, es war bedrückend für mich, und er erläuterte mit einer solchen geradezu religiösen Hingabe gute und schlechte (das heißt verbesserungsfähige) Einzelheiten der Herstellung, wie man sie bestenfalls von einem Führer durch den Louvre erwartet hätte. Die Kriterien, nach denen die Arbeiten bewertet wurden, waren: strukturelle Erfindung und statische sowie Druck- und Zugkraft. Ästhetischen Wert strebte man nicht an, ja, Ästhetik als Ausgangspunkt wurde abgelehnt.

Gerade das Nichtvorhandensein eines bestimmten »Verwendungszweckes« bei diesen Übungen stärkte das Gefühl der »Funktion«: ein weiteres Paradoxon! Funktion hieß, das Kunstwerk sollte so weitgehend wie möglich aus Holz, Metall oder Papier bestehen, sozusagen aus Super-Papier, -Holz usw. Diese Dinge sind heutzutage fast Allgemeingut geworden, sie waren es nicht vor 30 Jahren. Sie wurden überhaupt nicht als abgeschlossene Kunstwerke angesehen, sondern sie dienten dazu, die Fähigkeiten der Studenten in Bezug auf die erwählte Werkstatt zu erforschen.

Dabei werden in mir Erinnerungen geweckt an die Begegnung mit einem Künstler, dessen Werke aus der Nach-Bauhaus-Zeit in den Vereinigten Staaten wahrscheinlich bekannter sind als die jedes anderen Lehrers am Bauhaus, und zwar einmal durch seine Lehrtätigkeit am Black Mountain College und seit 1950 an der Universität von Yale, zum zweiten durch seine Ausstellungen. Ich habe öfters gehört, dass Albers ein Anti-Intellektueller sei, doch ich glaube, dass der geistige Hintergrund dessen, was er »gesunden Menschenverstand« nennt, einen tieferen Sinn hat. Er verherrlicht nicht so sehr den ›Unintellektuellen‹, als dass er dem Nur-Intellektuellen seine Einseitigkeit vorwirft. Er will die verborgenen Talente in den Studenten wecken; seine Ziele gehören tatsächlich in den Bereich der Psychologie, obwohl seine Lehre sehr nüchtern und praxisbezogen ist oder dies zu sein vorgibt. Seine Lehrmethode, die anfänglich auf geduldigen Überzeugungsversuchen beruhte, wurde in späteren Jahren dadurch vermehrt, dass er seine Zuhörer in die Erkenntnis der Vorexistenz aller formalen, logischen Beziehungen zu schockieren versucht. Er sieht keinen Grund, die Kontrolle über das Artefakt aufzugeben, denn er unterscheidet zwischen »Kunst als Produkt« und der »Fähigkeit zum Malen«. Er hat einmal über sich gesagt: »Ich glaube, in der Kunst ist das Denken genauso nützlich wie sonst wo, und ein klarer Kopf ist kein Hindernis für reine Gefühle.«

Man könnte sagen, dass Albers mit seiner Lehre versucht hat, die höchste Stufe »nützlicher Nutzlosigkeit« zu erreichen: er strebte im wahrsten Sinne nach einem echten Symbol (welches wirkt), nach einem Instrument des geistigen Verstehens, nach etwas Notwendigem für Maler wie für Lehrer, Architekten und Designer.
Ich möchte behaupten, dass neben der unerlässlichen Genauigkeit bei der geometrischen Exploration auch das Spiel mit der einfachen geometrischen Form einen sehr wesentlichen Faktor darstellt. Dieses Spiel kann auf wunderbare Weise symbolhaft werden, wenn es zum Überdenken repressiver Philosophen des 19. Jahrhunderts, des Utilitarismus zum Beispiel, anregt, einer Philosophie, die das Spiel ächtete (wie die Schweren Zeiten von Dickens). Heute hat man erkannt, ist das Bedürfnis zum Spielen fast oder sogar ganz auf tödlichem Ernst begründet, und das keineswegs nur bei der Jugend, obwohl man diesen tödlichen Ernst vielleicht am besten begreift, wenn man mit der Jugend spielt. Man sieht sich plötzlich einem Archetyp gegenüber.

Vom Ursprung her ist Spiel symbolhaft, und das Symbol lässt das Spiel bewusst werden. Dabei kann man auch leiten: Kinder leiten wir zum Beispiel, doch die Erwachsenen lernen leicht, wie sie ihr eigenes Spiel am besten selbst leiten können; und wenn sie begabt sind (und diese Art von Erfahrung setzt eigentlich Begabung voraus, wenn sie bis ins Erwachsenenalter reichen soll), dann lernen sie, Zeichen der Annäherung. an die verborgenen Schätze des Verstehens zu erkennen (eine Erweiterung des Bewusstseins). Hat man diese Zeichen einmal erkannt, dann ersetzt zielgerichtete Arbeit das Spiel. Es genügt also nicht, dass diese Schätze zutage gefördert werden, sie müssen klug eingesetzt werden. Nur wenn beides zusammenkommt, verlässt man die Stufe der Infantilität.
Paul Klee sagt das gleiche in seiner hoch spezialisierten Sprache, und seine Kunst zeigt das Leben, das er aus dieser einen, der einzigen Quelle schöpft: Des Menschen vergängliche Hülle wurzelt im Kosmos, seine unsterbliche Seele mit all den Empfindungen im Körper, der geboren wird und der stirbt.

Am Ende des propädeutischen Semesters wurden die Arbeiten aller Studenten ausgestellt, und jeder wählte seine Werkstatt; anschließend trat der Meister-Rat unter der Leitung von Gropius zusammen, bewertete die Leistung und entschied, ob der vom Studenten gewünschten Studienrichtung zugestimmt werden könne. Ich rutschte gerade noch durch; die Meister ermahnten mich, ich solle mich mehr mit den Studienfächern befassen, und ließen mich zur Bühnenwerkstatt zu.

Ich hatte diese gewählt, weil ich in atemloser Aufregung, voller Bewunderung und tiefen Erstaunens eine Abendvorstellung der Theaterklasse im Bauhaus-Theater miterlebt hatte. In früher Jugend hatte ich schon aus den verschiedensten Materialien Masken geformt, und ich kann nicht sagen, warum, aber ich hatte das dunkle Gefühl, dass diese Tätigkeit tiefere Bedeutung für mich haben wurde. Dieses Gefühl schien am Bauhaus-Theater Leben und Gestalt anzunehmen. Ich hatte den »Gestentanz« und den »Formentanz« gesehen, den Tänzer mit Metallmasken und in wattierten, plastikartig anmutenden Kostümen vorführten. Die Bühne hatte einen pechschwarzen Hintergrund und ebensolche Kulissen, war von magischen Spotlights erhellt, die Requisiten hatten streng geometrische Formen: einen Kubus, eine weiße Kugel, Treppenstufen; die Schauspieler kamen, gingen mit großen Schritten, schlichen, trabten, jagten dahin, hielten kurz inne, wandten sich langsam und majestätisch ab; es waren Arme in farbigen Handschuhen zu sehen, die lockende Bewegungen ausführten; die Köpfe aus Kupfer, Gold und Silber gingen zusammen und flogen auseinander (die Masken reichten rundherum, sie bedeckten den ganzen Kopf und sahen in Form und Gestalt alle gleich aus – abgesehen von der Farbe der Metallfolie, mit der sie umhüllt waren); ein schwirrendes Geräusch, das in einem dumpfen Schlag endete, unterbrach die Stille; ein Crescendo von dröhnendem Lärm fand seinen Höhepunkt in einem niederschmetternden Schlag, dann unheilverkündende, bange Stille.
Eine andere Phase des Tanzes zeigte alle äußeren und Lautmerkmale eines Katzenchors, bis hin zu den jaulenden und tiefgezogenen Tönen, die die widerhallenden, maskierten Köpfe glänzend untermalten. Schritte und Gesten, Form und Inhalt, Farbe und Ton, alles war elementar, zeigte auf neue Art die Problematik von Schlemmers Theaterkonzeption: Der Mensch im Raum. Das, was wir gesehen hatten, sollte uns die Bühnenelemente erklären, ein Vorhaben, das durch die Arbeit in den folgenden Jahren immer weiter ergänzt wurde. Die Bühnenelemente wurden zusammengestellt, kombiniert, modifiziert, und so wurden sie ganz allmählich zu einer Art »Theaterstück«; wir haben nie herausgefunden, ob es eine Komödie oder eine Tragödie werden würde, weil der Fortlauf durch Veränderungen in der Theaterklasse jäh unterbrochen wurde. Interessant daran war folgendes: Nachdem sich die Studenten der Bühnenklasse auf die zu verwendenden Bühnenelemente geeinigt hatten und so eine gemeinsame formelle Basis geschaffen war, sollte durch Zutaten der einzelnen Mitspieler das aus Einzelteilen zusammengesetzte Stück schließlich auch noch als Ganzes eine Bedeutung und einen Sinn haben oder eine Botschaft vermitteln; Gesten und Laute sollten zu Worten und Handlungen werden. Wer weiß? Das Bauhaus-Theater war im Wesentlichen ein Theater für Tanz und als solches eine Art Selbstverwirklichung der geistigen Schöpfung von Oskar Schlemmer; es war aber auch eine Klasse, eine Stätte des Lernens, und dieses wundervolle Gebilde war Schlemmers Lehrwerkzeug.

Von Zeit zu Zeit wurden Sketches und andere Stücke vor der Öffentlichkeit oder vor dem Bauhaus-Publikum aufgeführt. Es ist schwer, mit wenig Worten die dauernd sich wandelnde Truppe zu charakterisieren; das Bauhaus-Theater bildete seine Schüler nicht in Ballett oder in Choreographie aus, aber es zog Schüler heran, die Ideen hatten und Interesse auf diesem Gebiet, und es bot ihnen die Gelegenheit, ihre Begabung für ein großes Werk zur Verfügung zu stellen. Einige der besten Tänzer nahmen freiwillig am Unterricht teil und durchliefen eigentlich eine ganz andere Klasse am Bauhaus (zum Beispiel Walter Kaminsky, Lou Scheper oder Werner Siedhoff). Für große Aufführungen konnte Schlemmer eine eindrucksvolle Anzahl von Mitwirkenden aufbieten (auf Grund von Einladungen veranstaltete das BauhausTheater Ende der zwanziger Jahre in vielen großen Theatern in ganz Deutschland Aufführungen), während sich die Arbeit in der zahlenmäßig kleinen Bühnenklasse beschränkte auf Entwurf, Herstellung und Pflege von Masken, Kostümen und Requisiten sowie auf Planung, Leitung und Koordinierung zukünftiger choreographischer Entwicklungsmöglichkeiten, Sketches und Ideen; letzteres wurde in einem Rat diskutiert, dessen Vorsitz Schlemmer führte.
Starke Selbstverleugnung prägte Schlemmers Lehrmethode. Mir, einem begeisterten und sehr jungen Bewunderer, schien es oft unverständlich, dass ein Mann, der so viel zu geben hatte wie er, sich so klaglos einer wirklich nicht immer sachverständigen Mehrheit beugte. Ich wünschte ihm, dass er sich mehr behauptete.

Es dauerte viele Jahre, bis ich endlich merkte, dass ihm dieser Weg verschlossen blieb und dass das in seiner Persönlichkeit begründet war – er hatte also in diesem Punkt keine Wahl. Überzeugung schwelte in seinem Inneren, er konnte aber keine Worte finden. Ich erinnere mich noch sehr gut an seinen Ausruf »Janein« in geistigen Stress-Situationen; dann konnten ihm jedenfalls nur Taten, lebhaft vorgebrachte Argumentationen, physische Äußerungen Erleichterung bringen. Und es war in solchen Fällen ein Hochgenuss, die Präzision, die selbstbewusste Haltung, die innere Kraft und das Feingefühl seines Auftrittes zu beobachten. Seine Sprache war, obwohl ihr der Befehl versagt war, ein starkes Ausdrucksmittel. Er verfügte über das individuellste Vokabular, das ich je gehört habe. Sein Erfindungsreichtum an Metaphern war unerschöpflich, er liebte ungewöhnliche Gegenüberstellungen, paradoxe Alliterationen, barocke Umschweifungen. Der satirische Humor in seinen Aufzeichnungen ist nicht in andere Sprachen übersetzbar.

Über die anderen Meister, die ich kannte, kann ich nur sehr spärlich Dinge berichten, die das Bild des Unterrichts am Bauhaus, das ich hier zu beschreiben versuche, abrunden würden. Vor Paul Klee und Wassily Kandinsky habe ich noch heute eine tiefe Ehrfurcht und empfinde eine innige persönliche Zuneigung zu ihnen; bei Moholy-Nagy erinnere ich mich an seine ansteckende Begeisterung und Freude am Experimentieren, doch vermisse ich in mir jenen Widerhall, der mir so charakteristisch für die Atmosphäre am Bauhaus scheint, die Wechselwirkung zwischen Lehrer und Schüler. In einem Beitrag für die Festschrift zum 70. Geburtstag von Oskar Schlemmer (privat veröffentlicht im September 1958 von Frau Tut Schlemmer in Stuttgart) schrieb ich, von Oskar Schlemmer habe ich nicht so sehr das Theaterhandwerk als das Lehren gelernt, und das gleiche würde ich auch von dem Verhältnis sagen, das ich zu Albers hatte. Ich muss einer der schlechtesten Studenten gewesen sein, die jemals seine Klasse besucht haben, jedenfalls unmittelbar an diesem Verhältnis gemessen. Ich glaube jedoch, dass er mein Bewusstsein unauslöschlich geprägt hat durch sein beharrliches Betonen der gestalterischen Grundelemente. Er und Schlemmer führten die Studenten zu geistiger Bewegungsfreiheit durch ihre ständigen Appelle an das allen Fakultäten Zugrundeliegende, Gemeinsame: an den Spieltrieb. Und Schlemmers Tänzer, in seinem Kostüm und mit seiner Maske, in seiner ursächlichen Beziehung zum gestalteten Raum, ist für mich eine ebenso fruchtbare Erfahrung wie die der grundlegenden geometrischen Formen von Albers. Durch ihren Umgang mit dem Symbol haben sie die Grenzen des Bewusstseins erweitert – sie haben das letzte Ziel des Lehrens erreicht.

Als ich selbst vor 19 Jahren Lehrer wurde, hatte ich mit den ersten Bauhäuslern eines gemeinsam: ich war auch Soldat gewesen. Alles andere war genau umgekehrt: ich war nicht ausgehungert, es hatte keine Revolution gegeben, ich »kämpfte« in einem Krieg, den wir gewonnen und nicht verloren haben. Die Bauhaus-Studenten von 1919 genossen zum ersten Mal in ihrem Leben die Freiheit in vollen Zügen, die Studenten in meinen ersten Übungen genossen so viele Freiheiten, dass sie gar nicht wussten, was sie damit anfangen sollten. In den ersten Interviews fiel mir eine Forderung besonders auf: es war die nach Disziplin. Und im Grunde ist es heute noch so: das Bedürfnis nach Ordnung in einem Chaos ist nicht sozialer, sondern geistiger Art. Heute befinden wir uns im Bereich der Kunst mitten in einer phantastisch anmutenden Revolution. Kunst, als letzte Zuflucht der Manifestation von »nutzlosen« Werten, in der Zeit eines tatsächlich allvernichtenden und entsetzlichen Materialismus, nicht vermindert dadurch, dass »65 Prozent der Bevölkerung in irgendwelcher Form kirchlich aktiv sind«, ist ursprünglich mysteriös, vergeistigt, romantisch, bedrohlich – vielleicht sogar zur Psychose geworden. Die letzten Versuche, objektiven Sinn aus ihren Verkörperungen zu ziehen, scheitern hoffnungslos an der Tatsache, dass Kunst zu einem Produkt von hohem Marktwert geworden ist.

Da ich Malerei, nicht Philosophie lehre, sehe ich in der reinen geometrischen Form den einzigen Weg, der uns aus diesem Dilemma befreien kann. Nach meiner Lehrmethode gehe ich vom Äußeren in die Tiefe; ich beginne mit dem Ausgangsstoff zum Malen – der Farbe, dem Farbstoff – und versuche dann, den Studenten das Erkennen von Abhängigkeiten zwischen Form und Farbe nahezubringen. Von dieser impressionistischen Entwicklungsstufe aus versuche ich dann, Farb-Gestaltung im Sinne der Malerei (Stillleben) aufzubauen; wir entdecken die Funktion des Lichts, zunächst als Mittler für die optische Formgebung. Wenn Licht (und Schatten) alle visuellen Möglichkeiten eines Kunstwerkes wiedergeben können, dann wird Farbe überflüssig. Wenn jedoch Farbe auf Grund ihrer Wesenheit (gefühlsmäßig und geistig) in der Malerei erwünscht ist – ein Ausdrucksmittel, das mit Licht und Schatten nichts zu tun hat –, dann verlangt die Konzeption des Bildes mehr und anderes als die Visualisierung von Oberflächen von Objekten. In diesem Stadium bereits ist der Student in seinem Innersten engagiert, und sein erwachender, schöpferischer Drang sucht begierig nach neuen Formen. Von diesem Punkt an sollte er frei sein, doch gerade an diesem Punkt beginnt die Freiheit eine schwere Bürde zu werden. »Müssen wir wirklich das tun, was wir tun wollen?« Wie schwer ist es, die Frage nach dem Sinn der Dinge nicht mehr zu stellen! Wie ungemein schwer, mit jener mephistophelischen Erkenntnis fertig zu werden:
Wie würde dich die Einsicht kränken wer kann was Dummes, wer was Kluges denken, das nicht die Vorwelt schon gedacht?

Da ich dieses grausame Stadium in meiner Jugend selbst erlebt, selbst durchlitten hatte, konnte ich wenig später selbst erkennen, dass das, was mir wiederfahren war, typisch für unsere Zeit ist. Zu jener Zeit war es auch, da sich mir die Bedeutung meines Studiums am Bauhaus offenbarte: Konstruktive Präzision in der äußeren Form führt unausweichlich zum Urgrund, aus dem alle schöpferische Erfindungskraft hervorgeht (ich möchte sie »geometrisch« nennen, weil ich kein besseres Wort dafür habe); nur müssen wir uns daran erinnern können, dass »das Messen der Erde« am Anfang der Menschheit eine unvergleichlich abenteuerlichere Unternehmung war, als sie das heute zum Beispiel sein würde. Für mich wurden damals geometrische Zusammenhänge zum Übermittler neuer Farbkompositionen – zumindest für eine gewisse Zeit. Und diese Erfahrung der geistigen Wiedergeburt versuche ich meinen Studenten zugänglich zu machen. Dabei braucht man immer wieder auf die symbolische Bedeutung solcher Abhängigkeiten hinzuweisen. Das Symbol lebt weiter, auch wenn wir es anfangs (und vielleicht für immer) nicht erkennen. Das einzig Nötige ist die Erfahrung, die man selbst gemacht haben muss. Zum Schluss noch eine letzte, das gleiche aussagende Formulierung. In einem Gedicht von Josef Albers fand ich die Zeilen:
Und so ist Kunst nicht Gegenstand, sondern Erlebnis.

T. Lux Feininger
1970/71, Cambridge, Massachusetts

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Estate of T. Lux Feininger
www.kunst-archive.net, 2019

Diesen Text schrieb der Künstler als Beitrag zur Bauhaus-Textsammlung, die 1971 von Eckhard Neumann unter dem Titel "Bauhaus und Bauhäusler", für Hallag Bern, 1971, herausgegeben wurde. Überarbeitete Neuauflagen sind 2019 in deutsch und englisch erschienen:
Unser Bauhaus - Bauhäusler und Freunde erinnern sich, Hg. Magdalena Droste, Boris Friedewald, München 2019, Prestel Verlag, ISBN: 978-3-7913-8527-3; Our Bauhaus: memories of Bauhaus people, ed. Magdalena Droste, Boris Friedewald , London/New York 2019, ISBN: 3-7913-8528-3. Eine erste Version unter dem Titel “The Bauhaus; Evolution of an Idea", 1961 geschrieben für Dr. Ernst Scheyer von der Wayne State University, wurde veröffentlicht in "Critisism" (Vol. II, No. 3) [205, S. 278].

T. Lux Feininger
TWO PAINTERS: LYONEL & T. LUX FEININGER (1956)
[nur Englisch]

The early years of the two painters were, in one sense, as contrasting as can be. My father, Lyonel Feininger, grew up in surroundings in which his bent was not encouraged – if one may be so bold as to assume that even in his boyhood, the constructive learnings which he evinced and which manifested themselves in the design and construction of railroad trains and sailing yacht models, pointed toward a visual rather than the musical mode of expressions for which he was being trained. I, on the other hand, was surrounded by an atmospere altogether friendly to whatever development my maturer years might bring. Yet, the aura of prohibition, which we feel prevailed in the elder Feininger’s youth, was never seen as destructive by the artist in his later life, and we, who have not known Mr. Karl Feininger, must beware of making too much of his eargerness to see his only son become a violinist. Perhaps it is just to advance this much: The habit of discipline was imprinted upon my father early in life and stood by him ever after; whilst in my own youth, it was largely absent, and subsequent years of trouble brought about a need for seeking that discipline within myself. Out of contrast and similarity, I draw this conclusion: both painters received strong impressions in youth, from their respective fathers.

SEEKING FOR THE MASTERPIECE

It is part of my philosophy to be a believer in resistance. I cannot get away from the conviction that in any human endeavor the ability to overcome obstacles is a vital proof of the validity of the endeavor. Nothing would be easier than to misconstrue this belief, and to assume that therefore obstacles must be provided. No, but they will arise; and I distinguish between the ordinary and the extraordinary effort of endeavor: I believe in democracy to the extent of insisting on good citizenship. The work of art, however, is, and remains in my estimation, the unusual, above-normal, and exceptional achievement, and if I cannot see my way to creating artificial obstacles for the purpose of proving it, I cannot see either, that society owes a debt to promissory notes emitted by young people who have not had time to explore the degree of their unusualness.
The core of the work of art escapes evaluation on rational levels. Unfashionable as the approach may be, I seek for the masterpiece, because nothing else will do.

TEACHING OF ART

But if I am a painter, I am also an educator; and having estabished for myself very exacting standards, I am able to distinguish between demands I make on myself, and on others; and I am learning not to ask others to attempt what I cannot achieve myself. Thus, while I am slow to admit exceptional merit in a student’s work, I am eager to help in the pursuit of some unusualness in a young person’s life; and this the teaching of art at college level does offer. Regardless of final results, the effort is eminently worth making, and at Harvard I have an opportunity of fitting practical studies in drawing and painting into a framework of liberal arts education with the peculiarly humanistic flavor of the University. Seen from this angle, it will be understandable that I can say that neither was the suppression in my father’s early days quite the evil that the over-eager progressives might see it (witness the results) nor was the permissiveness of my youth an unmixed blessing.

LYONEL FEININGER – ILLUSTRATOR AND CARTOONIST

A discussion of the background of Lyonel Feininger’s paintings demands mention of his early days as an illustrator and cartoonist. My father always insisted on the inestimable value which the ten years or so of his purely drawing period had for him. Working in the graphic media of line cuts and lithograph to the specifications of dimension, subject matter (all too often some nauseating “punch line”), and time, provided exactly that kind of obstacle course in which an inferior talent might exhaust itself. My father, however, drew strength from it. Not only the inventions of designs compositionally strong and effective, but the study of a million aspects of reality – to be drawn only from Nature – seems to have inspired him with an almost ecstatic fervor. Effects of light, the textural values of the city landscape in cobblestone pavement, towering brick walls, the waves of the canals intersecting the city of Berlin where he worked for the greater part of this period; the construction of mechanical devices, notably ships, sail and steam, railroads, bicycles quite particularly; the effects of costume on the human figure; the physiognomic structure of faces – the papers he worked for were all more or less political in policy and wreaked weekly havoc on members of the Reichstag, of the cabinet and, above all, the Military – all this called for end drawings which seems (in retrospect) to have been done as one might say, at a canter. If the material were not almost totally unavailable today, a study of portraiture alone, necessary to persiflage and caricature hundreds of statesmen and public figures of Germany, France, England, Russia, Japan, America, Italy, Austria, together with their uniforms ad insignia, orders and decorations, whiskers, helmets, plumed hats, liveries of flunkies, carriages and horses, palaces and mistresses, would provide a theme for a book. But all this rich subject matter would be insignificant without the compositional arrangement of each full or half page, the design of black and white, with inexhaustible resources of textural grays, almost invariably prepared for the engraver by the artist himself, for black and white or color lithography. One of the papers my father worked for had 4-color reproduction, and a very considerable formal knowledge of composition was accumulated through making the color separations submitted with the completed art work at press time.

TRANSLATION OF NATURE

Intimately connected with this background is the life-long habit of the rapid pencil sketch, “thumbnail sketch” as Lyonel Feininger called it. From his earliest days through the 1930’s, a vast storehouse of nature studIes was built up, from which the artist drew until the time of his death. His method of composing consisted of the re-castig and re-drawing of a given composition, abandoning it and then taking it up again a day or a year or twenty-five years after, in any and all of the media: charcoal, pen and ink, pen and wash, watercolor, oil; to which may be added, for a period ranging from the beginning of the first World War to the early 20’s, the medium of the woodblock print. I heard my father say that the initial nature transcription of the first sketch must be re-worked “so that its own mother would not recognize it”. In other words, compositional considerations prevail throughout. One of the key words to his approach, his attitude towards nature-art relations, was “translation”. The terms of nature had to be translated into the language of the artist’s own lifelong making.

STRIVING FOR FORM

This language was still being evolved until the morning of his death in the 85th year, a sign of the fantastic vitality of this work. Considering Lyonel Feininger’s enormous inventiveness and sensitivity to color, it surely was interesting to hear him state, regarding his own work, that form, rather than color, had been determinant in his approach. That is to say, form was what he was striving for; his knowledge of color was one of his tools. Analogous to this, I believe, was the relative unimportance that representation of objects, as such, had for him from the beginning. Knowing that he could draw and render with photographic accuracy, the representations of objects in terms of impressionistic light and shade, was no challenge to him. His early ideal of painting, before he set brush to canvas himself, was a distinctly two-dimensional organization of the picture space; he expressed it in his admiration for certain images he saw in a shooting gallery, I forget whether in Germany or France. “Schiessbuden-Bilder” he wanted to paint – a statement sometimes misquoted.

THE GEOMETRICAL PLANE

Concerning the main aspect of his visual terms – the geometrical plane – Lyonel Feininger did not consider himself indebted to the cubists at all. The designation of cubist was loosely, and as we now know, sloppily, applied in German contemporary criticism of the first twenty-five years of the century. Indeed, the first indications of his won sign language appeared before the formulation of the cubist ideals in Paris. I should rather incline to the idea of a parallel development – in some principal features, such as the interpenetration of crystalline forms in invertible perspective, strikingly alike – with different aims. Lyonel Feiningers’s aim was a deeper, more searching, presentation of landscape, figure and architecture than the conventional means of linear and atmospheric perspective offered; but he was never interested in breaking up form. His forms are not broken up; they are, rather, built up. What we see, to continue the metaphor, are the joints of component parts; not fracture lines of a cracking structure. The geometrical plane, for the most part rectilinear, although there are important compositions in circular and spiralling forms, whether pure or derived, is the unifying factor in his compositions; carrier of formal and color ideas both.

COUNTLESS LAYERS

The building up of form – his lifetime preoccupation – goes hand in hand with the building up of the paint surface on the canvas. Quality of the highest order is expressed in the handling of pigments; an enamel-like, completely spiritual structure is the result of countless glazes and superimpositions of thin layers of paint. This paint, by the way, remained the traditional oil color throughout his life; he did not work either in casein nor the new polymer media. In presently available colors, he deplored the disappearance from the market of a lean type of oil color, such as the pre-war German “Behrend” colors; these were ground into a rosin-oil compound and were faster drying than contemporary makes, which he considered over-fat. Likewise, I have often heard him attribute the particular beauty of the paint film of the 1920s to a “fig-milk” painting medium, now no longer available.

KNOW WHAT YOU ARE DISTORTING

Form and technical invention alike are based on an inexhaustible store of experience; I heard my father advise a young sculpture student many years ago to begin to form what he called a “treasury” of formal acquaintance. She was advised to concern herself with the study of nature, which in her case meant anatomy: hands and feet, as belonging to arms and legs – the magnificent relationships of drapery as conditioned by the more splendid body underneath. To Lyonel Feininger it was unthinkable that this wealth of form should be abandoned voluntarily for the benefit to “styliation” before it was known and had been experienced. And this was his advice throughout his life: Know what you are distorting! Know also why you are doing it! Before you can discard perspective, know what you are discarding! And he always practised what he did not, really, preach (for he was the least given to forcing himself upon others). Such curtailment of natural form as is to be found in his works, whatever simplifications, abbreviations, translations into two-dimensional terms is always organic, and always based on an awareness of what lies underneath. But, in common with his great contemporaries of the German school – Klee, Kandinsky, Schlemmer – Lyonel Feininger held that concern with the superficialities of existence, the surface values, cannot be a goal for the artist.
Thus, if there is to be a classification, expression, rather than impression, would be the term. But that expression stipulates an austere kind of responsibility towards the world we live in. And the first demand of this attitude is, to know the world and its thousand forms. A more intellectual person than my father would necessarily add to this, in emendation, that this world to be known includes the inner world of the artist – that self which is realizing itself whether the ego-consciousness is cognizant of the process or not.

FIGURES AGAINST THE SKY

Formal and technical experience, fed by memory, are superimposed, if I may so so, upon deeper strata of memory; certainly, dating back to early childhood, and quite probably beyond, although this ought to be forbidden ground when speaking of anyone but oneself. There was, in Lyonel Feininger, a profound deep loyalty to the world he had known best, which is the world before the two World Wars. This world also happened to be a world very recently emerged from another war and in Lyonel Feininger’s parentage the two warring brothers are curiously united. The father, lately a soldier in the Confederate Army, married the daughter of a Union Captain. Since Lyonel Feiniger was born and grew up in New York, it is permissible to say that he awoke to consciouness in a society greatly relieved by the restoration of peace, and optimistic for the future. Had his childhood been spent in the South, certain complexities of his father’s nature might have become more intelligible to him at an earlier date; but this is an idle speculation. Lyonel Feiningers’s personal experiences of the South were confined to a visit to his grandparents, then living in Columbia, S.C., where they had moved after the destrucion of Charleston. My father was a lad of perhaps nine (1880) but the experience had impressed itself very deeply upon his memory, and I have heard very frequent accounts of the journey. Family matters were, in these tales, always touched upon with the greatest forebearance (for which, it seems, there was some need), but the theme which recurred with the greatest clarity was of a visual, and I should like to say, symbolic nature (and it shall remain unstated whether may father’s or my own impressionability were more engaged in this souvenir); the remembered image of dark figures silhouetted against the sky, with a sheet of calm water reflecting their feet. Investigation of this phenomenon reveals the fact that these figures were some idle negroes, fishing in a canal; but it does not require too bold a flight of fancy to see the relationship in the recurrence of the theme of enigmatic figures (with details suppressed) standing on a bank with fishing poles in their hands, silhouetted against the sky.

FREEING THE EYE FROM PERSPECTIVE

This is the most typical of all of Lyonel Feiningers motiFs, his love for architecture notwithstanding. The elements are: the low shore, the wide expanse of water, the sky above, and the silhouetted shape whether ship or figure. The memories of ocean beaches, in various parts of the world, with the sailing ship traffic of pre-World War I days unfolding endlessly on the horizon had the most singularly determining effect on Feininger’s world, particularly when it is known that the ships were studied and drawn through a telescope. The telescope, with its peculiar optical lens system, had a greatly flattening effect on what is lightly referred to as “perspective”. Vanishing lines all but disappear, when an object, not vast in itself, is looked at in magnification across an intermediate space of several miles. Dimensions being rendered more truly accurate in proportion (although to the untrained eye they would appear as distorted), the foundation is laid to seeing the distant landscape in its absolute, rather than relative values; to bring this about, in painting, inversion of perspective is resorted to. This, clumsily speaking, would take the form of representing the distant end of, let’s say, a railroad train, as of the same dimension as the near end; and the immediate purpose is to free the eye beholding the representation from associative material. In this kind of perspective, in itself, there is nothing revolutionary or cubistic; it has been the mode of representing space in Oriental art since early times, not to speak of Egyptian painting. Important, however, is the addition that our intellect is aware of space being an entity in which time also has its being. In Oriental as well as in European medieval painting, occasionally one finds various scenes represented in one and the same composition, which anecdotally, took place at different times. The arrangement of these scenes in the respective artists’ composition, has always been strictly in accorandance with an array in space. Whether or not in Lyonel Feininger’s gradual evolving of his own set of perspective values there was consciousness of these things, it is not for me to say. I am, however, persuaded that his pursuit of these laws is essentially related to the visual solutions found by the ardent hunters of the absolute in the times of truly great, i.e. of conceptual, painting.

UNIFIED TERMS FOR THE WORLD

From the inversion of a purely linear set of “vanishing lines” to the double reading of all form – from the outside in, as well as from the inside out – is but a step. This, I believe, is the raison d’etre of Feininger’s predilection for crystalline solids in his translation of nature terms. It was his means, very specifically, to liberate the eye of the beholder from associative material, to interpret the whole of the world in unified terms; and the unification took the shape of spiritualizing matter, not so much through color as through color relations. That which is refined away is the gross substance of wood, earth, stone, and the slightly less gross flesh, blood, air and water. The touch of the hand, the sensing organ of tactility, is not invited to participate in the apperception of Feininger’s world. The vision is not to be possessed.

INVERTIBLE PERSPECTIVE – TRANSPARENCY OF PLANE

In a consideration of the works of Lyonel Feininer one should realize the range of the artist. The informed eye of the spectator, like the revolving beam of a light-house, is able to sweep through time in beholding the paintings, and to see various significant phases of the work more brightly illuminated than others, because more prominent.
One might begin with an example rather close in time to the ideal of the “shooting gallery picture”, with elements drawn from the cartooning period (“Rosa Strasse”). In the majestic “Lady in Mauve” the true theme is the formal array of shapes building up landscape and figure, with the apparent motif – still belonging to the pre-World War I era – greatly reduced in material importance. Invertible perspective is already the determining factor; there is a great purification of shapes in the direction of geometrical simplicity; and, most significant, there is transparancy of planes, although, perhaps, not as fully carried through as in the case in the classic “Village Church”. However, a simple enumeration of visual features will never begin to get at the magic and mystery of great paintings; and the “Lady in Mauve” is a very great painting in the oeuvre of Lyonel Feininger. It is a heroic work – the lady – occasionally the title of the painting is given as “L’Impatiente” – is a true heroine; I go so far as to see her as symbolic; the way a ship’s figurehead can be seen as symbolic. Considering the rarity of figure compositions in Lyonel Feininger’s work in which the figure dominates the landscape, I see in this main work something like the true femme inspiratrice, a presiding presence of near-divine dimensions. Her impatient pacing, one feels in the significant twist of the body away from the spectator, will immediately be followed by departure; already she is striding off – and her progress, one feels, will induce pursuit. The leader of the chase had led her follower through many strata of the world – there is, perhaps as much of Proserpina in her as there is of Diana. Or is she Eurydice? Surely the music which has often been invoked in the search for her has tamed the wild beasts of the forest. The music, first and last, has been that of J.S. Bach and 12 fugues for organ, composed in the 1920s. And with our ears still retaining the last strains of a spiritual and divine harmony, I turn to another world, in which the contrasting elements are somewhat differently arranged.

THE JAZZ EXPERIENCE

The music influencing my early days came with all the rush of a special message, but alas! its name was jazz. While I shall not dwell upon a recollection of these times, I will say that it was the early form of “Dixieland”, that the time was 1925, and my age was 15. The experience, such as it was, invited participation, and participate I did; the oath, sworn to myself upon first hearing the overwhelming chords, was duly observed. I swore that I should play in such a band myself, and this came about two years later, when I was a student at the Bauhaus in Dessau in 1927. Without being too aware of it, I have already stated a main distinguishing feature of my work, as compared to my father’s: I mean participation, I even mean possession. My greed to have and to hold, to possess, has led me again and again into byways from which I had to extricate myself with caution and cool thought, just because there was not enough of that integrated into my attitude. My wish, in my early painting days, was to reconstruct vanished times, and so far, as I was able to tell, the utmost reality only would suffice for this aim. It is unprofitable to get too deeply into this; I will only say that there was a fantastic difference between what I considered to be my aim, and what was achieved. However, it is perhaps useful to remember that 25 years – a quarter of a century – of painting is backing up the most recent products of my search.

THE VIRTUE OF VISUAL GEOMETRICAL CREATIVE WORK

In talking about my paintings, I find it useful to note that the advent of geometrical construction in my life began in early 1951. The outward circumstance responsible for this momentous occasion was the need to refresh my command of mechanical drawing for the purpose of teaching a course in Design. The inner cause was a vital need for order and thought, in approaches that had become too one-sidedly the tools for passion and wishful longing. The requirements of my design teaching were soon satisfied with the refresher course I taught myself in descriptive geometry. But the effect which this experience had on the life in the studio of the artist would be hard to exaggerate. It was as if dried-up streams were beginning to flow again. I can never forget it, and I have been so impressed with the virtue of visual geometrical creative work that I was induced to include it as a regular feature in the course in drawing and painting that I am now teaching.

UNION OF FORMAL AND COLORISTIC EXPRESSION

In contrast to the expression of pictorial ideas through the chief means of color, the geometrical studies stress form, easily rendered through an elementary light-dark relationship. Transparency of overlapping planes calls merely for evenly laid water-color washes, in which hue is of minor importance, so long as it is uniform. A union of formal and coloristic expression is, of course, the goal; but so specific are the lessons to be learned from the essential relations of form that for long periods of time I have been glad to make this sacrifice of color. Indeed, I do not consider it a sacrifice; the limitation of emotional means was a stimulus. Perhaps it may be of interest to enter a little into a discussion of the problem of elementary geometrical relationships.

STUDY OF SECTIONS

My studies originating in the need to refresh my acquaintance with mechanical drawing, it was natural that my first attempt dealt with the representation of three-dimensional objects. And nothing can exceed the fascination which experimentation with the study of such solids offers to the introspective mind. For whole weeks I labored at the solution of certain problems, which might have been easy with more advanced knowledge of solid geometry. But I refused to call in the aid of text books; I wanted every discovery to be my own: in a way, I was retracing a few hundred years of the history of civilization. A problem which occupied me particularly, was the composite cube: a cube, that is, or any other rectilinear prism, built up of alternating light and dark component cubes or miniatures of the composite shape. The drawing “Study of Sections” shows not only the effects of sections by means of sloping planes, but also embodies what I consider visual evidence or proof of the correctness of my construction. The sphere was another source of delight. In projecting certain spherical sections, I made for the first time in my life the personal experience of thought as a psychological function: an almost religious experience. However, visual merits of my studies by no means kept step with the intellectual gain. I found, after a while, that the specifically pictorial relations lay in the two-dimensional field; a statement one frequently finds in the trade literature. But not so frequently found is an intelligible analysis of the difference between two- and three-dimensional design, so long as is occurs on paper, or canvas, board, etc. Our time curiously given to re-examining old-established values. My geometrical work constitutes my bowing to the Zeitgeist. And as I believe that I have found something worth communicating, I will try to clarify what I mean by two-dimensional design relations.

AIM FOR THE MISSING DIMENSION

The paper we draw on has, for practipal purposes, no third dimension, but extends in height and width only. A drawing of a cube, or of a man, sailing ship or whatever, aims at representing the missing dimension: by whatever means the artist chooses to employ, the feeling of roundness is created. A prime means is, of course, the rendering of light effects on the body. If the modelling produced by light effects is reduced, or cut out altogether, an approach to flatness begins; but even pure delineation appeals so strongly to the sense of the familiar that solidity is at least felt. With a departure, however, from what we usually associate with the idea of cube, man or ship, the appeal to memory lessons, and if a true transcription is found, i.e. if the artist has succeeded supplanting conventional form completely with his own signature, the appeal is non-existent, and the dimensions of the graph or design alone are beheld and have that unmistakable look of something new, something not previously seen.

ASSOCIATION AT WORK IN THE CONTEMPLATIONS OF ART

The word “dimension” implies two things at the same time; when we speak of two or three dimensions, we usually mean height, width and depth. But when we speak of small, large, full or reduced, dimensions, we mean inches, feet or miles. Here again association is at work in the contemplations of art. We are accustomed to seeing the image of man, much reduced in a drawing, let us say, and even more so in the reproduction of a painting, a newspaper photograph. On the other hand, we are likewise accustomed to seeing man huge, enormous, on the screen of a movie theater. In neither case are we easily fooled into taking the image for reality. With primitives and animals, it is different and there are cases of dogs and even cats confronted with movies for scientific purposes that are quite carried away by their own associations. Accustomed as we are to variations of known dimension we may be fooled, or at least thus pretends the term used to describe this particular art-form, by “trompe-l’oeil” painting. The effect of the deception is largely based on the fact that the objects rendered are of actual or true dimensions. I mention “trompe-l’oeil” as an extreme case of the importance of r e l a t i v e dimension. The measurements are r e l a t e d to the object, postage stamp, dollar bill or broken wrapping paper, and the appeal is made through our recognition of the object. But geometrical form deals with a b s o l u t e dimensions only. Nobody can say whether my squares are enlarged, or reduced, or actual size. They are what they are. No appeal is made, because the forms are not man-made. I feel in the simple geometrical elements something timeless, something eternal. It is curious how simple the material can be with which images are created.

CLEARING THE WORLD OF SUBSTANCE

I found, then, that the truly two-dimensional forms were those not burdended with associative or memory material – a finding, made intellectually, and pleasantly resembling the finding made by Lyonel Feininger on his own proper, emotional-empirical basis. He cleared his world of substance, because it leads to greed of possession; I translated myself to spheres (pardon the pun!) where possession was impossible. In sacrificing the dimensions of depth (only for a while!) I found the larger possibilities of pure space. The superimpostion of two or more transparent planes produces indeed a feeling of space, but it is as absolute as the dimensions of the little square and triangles are, not reducible to a vanishing point, therefore not measurable. It is not even possible to determine which plane is “above” which other transparent plane. I say “above” or “below”, but one could just as well say “before” or “behind” – a difference of individual seeing. I say “above” because I feel that the look directly down at the ground under one’s feet is the truest two-dimensional projection of the world surrounding us, least troubled by “distance”. I thus assume that one is looking downward when seeing one of these geometrical designs. This may well be due to the fact of having looked down at my drawing board while constructing the design. But, in a broader sense, this looking down instead of ahead at vanishing horizons, has led met to look differently in an inner way; paradoxically, the narrowed angle of vision has broadened the understanding!

CAT AT ISLAND HEIGHTS

Two years or so of concentrating on geometrical studies has led me gradually back into a painted world of atmosphere and distances. The dealings I have had with two-dimensional proportions clarified my understanding of the visual means of composition. I repeat that the distinction between the two and three dimensions is one of absoluteness versus relativity; the relative aspect of distance in painting does not go without an admixture of make-believe, or illusion, or at least the intension of creating an illusion. No disparaging value is attached to the word. The illusions may have moral significance – after all, there are good moods as well as bad ones. But even the factors of mood and illusion, provocative of participation in the spectator, benefited from the abstract studies: In the “Cat at Island Heights” for instance, with its definite atmospheric intention of color, the composition is based on underlying forms of sky, water and mast of the boat which are in themselves quite abstract. Not that this collaboration of geometrical and illusionist forms is considered at all rare – only, previously I had been unaware of it, and now had learned the relationship. My own experciences showed me the meaning of a saying which I had often heard particularly from the lips of Lyonel Feininger: It is not the object that counts in painting, but the space.

FROM PERCEPTION TO CONCEPTION

Only the grossest kind of misunderstanding can perceive in such a finding an intention to do away with “subject matter”. In a mental process of the sort I underwent, one is confronted with the necessary, inevitable inner chemistry or alchemy building up the stage where the transition from perception to conception, or, from intake to output – call it what we will, is made: the intermediate stage where the work of art is born. As our temperaments differ, so also our ways of comprehension. We are not all destined to achieve the same degree of consciousness. The artist may be a mere tool under the control of a much larger power, obsessed by some kind of demon. Others may have been meant to achieve greater awareness of the inner processes, and such would refuse to listen to the inner voices at their peril.

THE CREATIVE PROCESS

In either case, and, if one looks really attentively at the creative process of the others, in all cases, one is led to the conclusion that the artist is both creator and creature. He does not describe himself in the work, but he needs all there is of himself in order to formulate the work. When the work is presented to the public eye, a similar reciprocal participation is called for on the side of the spectator. The effect of this may be called communication. The more I ponder this elusive problem, the more I marvel that it comes through as often as it does. If one happens to be an educator, one who is brought in contact with many individuals who are young, receptive and eager to respond, one is tempted to believe that all that really matters in painting is to establish and maintain communication with the inner self: but in that case, the existence of the art business becomes inexplicable.

THE PROFESSIONAL ART WORLD

I am referring – as perhaps I should not – to the contrast between Cambridge, Massachusetts where I live and teach, and New York City, where I lived for many years. In the latter city, I have had more than one talk with contemporaries, who, discussing the Bauhaus background of which I am part, expressed concern and even horror at the prospect presented by the Bauhaus ideals. As if they could ever be imposed upon an unwilling society. The curious part of the recollection is this, that the persons so concerned were themselves contributing their quota to the enormous confusion existing in the professional art world. Eight Street, New York, is the place where very wild-eyed ideas are brandished about; but, instead of being frightened, one ought to recall that ideas in themselves cannot overthrow anything, that they must be implemented – which takes thought, time and continuous effort. These latter qualities, where they exist, have (fortunately for us all!) a singularly sobering, soothing effect on humanity. What comes out, eventually, is not quite so wild and purely destructive any more. The product may still be curious enough; but it is a product, is has some reality; and it is the obligation of this century to observe, and learn from, such products. This is what is needed to help comprehend our time, which is fraught with hope and danger about equally.

I recognise both the existence of frightening ideas – a product largely of unconscious world around us – and the effect of the humanizing qualities, the contribution of conscious effort.


T. Lux Feininger
1956, Cambridge, Massachusetts

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Transkript Cecilia A. M. Witteveen, 2019
www.kunst-archive.net

Published by CHRYSALIS – the pocket revue of the arts, 1956, Volume IX, Numbers 9-10

T. Lux Feininger
DAS BAUHAUS UND ICH (1947)

DAS BAUHAUS und ich von T. Lux Feininger (1947)

Ich war noch sehr jung, als ich mit weniger als siebzehn Jahren als Student zum Bauhaus kam. Bereits im Alter von neun Jahren war ich in Kontakt zum Bauhaus, als wir 1919 nach Weimar gezogen waren. Die Bauhaus-Leute waren im Allgemeinen trotz ihrer unterschiedlichen internen Strömungen allesamt freundlich und aufmerksam gegenüber Kindern und der neuen Generation. Das Bauhaus war im Wesentlichen eine junge, sehr sympathische Idee.

Meine frühesten Erinnerungen an Weimar sind bereits von der Spaltung zwischen der Bauhauswelt und der Außenwelt geprägt. An sechs Tagen in der Woche (es gab damals keine freien Samstage), vier oder fünf Stunden am Tag, musste ich das Wilhelm-Ernst-Gymnasium besuchen, eine schwerfällige Bildungsanstalt, an der mir und meinen Mitschülern die toten Sprachen eingebläut wurden. Dies war jedoch nicht einmal das unangenehmste Merkmal dieser Institution. Den Rest der Zeit war ich frei, durch das Bauhaus und seine Werkstätten zu streifen, wo ich immer sicher sein konnte, willkommen zu sein und interessante Aktivitäten oder Spektakel zu erleben.

Im Gymnasium allerdings machten meine Schulkameraden, diese kleinen Monster, kein Geheimnis daraus, dass sie es für schrecklich und albern hielten, einen modernen Maler als Vater zu haben. Ich musste lernen, sie auf Distanz zu halten, was mir dank einiger früher, rudimentärer, aber effizienter Ratschläge (von meinem Vater) in der männlichen Kunst der tödlichen Selbstverteidigung, die ich mir schließlich zu eigen gemacht hatte, gelang.
Die Lehrer – es gab nur sehr wenige Ausnahmen – diskriminierten die „Bauhauskinder“. Insgesamt wären diese Jahre völlig unglücklich gewesen, wenn nicht der erfrischende Kontakt zum Bauhaus gewesen wäre. Diese frühen Erfahrungen gaben mir einen besseren Einblick in den deutschen Nationalcharakter als fast alles andere. Ich meine damit die Tatsache, dass sowohl das Bauhaus als auch das Gymnasium deutsche Institutionen waren und beide typisch für das Land – jede auf ihre Weise!

Mit sechzehneinhalb Jahren schließlich war ich frei wie ein Vogel. Die schmerzhaften Erinnerungen an Weimar waren verblasst [1]. Das Bauhaus war nach Dessau gezogen. Ich nahm am Vorkurs der Klasse von 1926 teil, der als erster in dem neuen, schönen Gebäude für das Bauhaus begann, das vom Bauhaus-Direktor Walter Gropius entworfen und von der gastfreundlichen Stadt Dessau bezahlt wurde.

Wie war das damals? Es gibt umfangreiche kompetente Literatur zu diesem Thema, und ich kann nur sagen: Es war wundervoll! Es würde diesen Rahmen sprengen, die volle Wirkung der sauberen, funktionalen Architektur, die lichtvollen und luftigen Räume, die sauberen und hochwertigen Materialien des Schulgebäudes sowie der Häuser, die für die Meister und ihre Familien gebaut wurden, zu beschreiben. Es war wie eine neue und sehr viel bessere Welt.

In Weimar hatten wir in einem riesigen dreistöckigen Haus gewohnt, das meine Eltern gemietet hatten. Es hatte eine Waschküche im Keller, ein kühler und feuchter Ort, in dem das Wasser in einem kleinen Holzofen erhitzt wurde. Dies war die einzige Warmwasserversorgung. Es gab nur drei Kaltwasserhähne im ganzen Haus. Es gab keine Wasserspülung und Kanalisation. Das Abwasser floss in eine Senkgrube, die etwa einmal im Monat von einer ambulanten kommunalen Pumpe geleert wurde, und der Inhalt wurde von einem Pferdefuhrwerk abtransportiert. Die Zentralheizung war vor dem Krieg installiert worden, aber so wirkungslos, dass jeder Raum zusätzlich über einen eigenen eisernen Ofen verfügte, der mit Holz und Torf befeuert wurde. Sechs Jahre lang badete ich dort in einer zusammenfaltbaren Gummiwanne. Das heiße Wasser kam aus einem Steinkrug, der in der Küche gefüllt werden musste. Ich vergaß zu erwähnen, dass auch die Küche zum Zubereiten der Speisen im Keller war. - Dieses Haus gehörte einem Mitglied der örtlichen Aristokratie, einem Freiherrn, einer Art Baron, und war von uns gepachtet worden.

In Dessau war alles anders. Die Meister-Häuser gehörten der Stadt. Es gab große Fenster, Terrassen, Balkone und Flachdächer. Es gab Sonnenlicht in den Zimmern, das Haus war luftig, aber gut und leicht zu heizen. Es gab anständige Installationen. Die Innenausstattung war in Farbschemata gestaltet, die von den späteren Bewohnern entworfen wurden. Draußen gab es viel Freiraum und viele hohe, schlanke Kiefern [2].

Das Hauptgebäude des Bauhauses wurde bereits oft und gut beschrieben. Dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist eine der wichtigsten prägenden Erfahrungen meines Lebens, mein Erwachsenenstudium in dieser Architektur begonnen zu haben. Unter dem Einfluss der sauberen, lichtdurchfluteten Umgebung hatten Hirn und Hand praktisch gar keine andere Möglichkeit, als sich zu klären und zu perfektionieren.

Am offiziellen Eröffnungstag wurden am Gebäude drei riesige Banner, die vom Dach bis zum Boden reichten, in gelb, rot und blau, den drei Grundfarben, gehisst. Ich mochte diese Lösung, die den damals für öffentliche Gebäude üblichen Kompromiss ersetzte, sowohl die offizielle republikanische Flagge (schwarz, rot, gold) als auch die alte kaiserliche Flagge (schwarz, weiß, rot) zu hissen, den sich die nationalistische Partei für die glücklose Republik, die sich „Reich“ nannte, gewünscht hatte [3].

Aber zurück zu mir. Mein Studium am Bauhaus war, wahrscheinlich aufgrund meiner extremen Jugend, etwas ziellos. Der Maler in mir war schon stark ausgeprägt, obwohl ich mir dessen nicht bewusst war. Doch ungefähr drei Jahre später schlüpfte diese Kreatur unverhofft aus dem Ei. Und ich denke, dass dieses Ereignis bereits in jenen früheren Jahren seinen Schatten in die Zukunft geworfen hatte.

Die kollektive Arbeit stand am Bauhaus immer im Vordergrund, ihr galt primäres Interesse. Deswegen werde ich die Arbeit in der Bühnenklasse mit Oskar Schlemmer und der Bauhaus-Kapelle etwas ausführlicher beschreiben.
Bezüglich meiner eigenen Arbeit dieser drei Jahre (1926-1929) werde ich mich auf meine Fotografie konzentrieren.


Die Bühnenklasse

Von Anfang an übten die Formen und Farben, die den Werkstätten im Tiefgeschoss des neuen Hauses entsprangen, die größte Faszination auf mich aus. Unter dem Theaterraum, also unter unseren Füßen, existierte eine mysteriöse Welt, die unsere Phantasie enorm anregte und ständig neue Überraschungen vorbereitete, die dann bei jeder Gelegenheit auf der Bauhausbühne aufgeführt wurden.
Als ich nach Abschluss des ersten Semesters, dem Vorkurs, zur Bühnenwerkstatt zugelassen wurde, war ich der glücklichste aller Studenten.
Die Leitung der Bühnenabteilung lag bei Oskar Schlemmer, und in Bezug auf Schlemmers Theorien bietet das Museum of Modern Art in seinem Bauhaus-Buch mustergültiges Material zur allgemeinen Information [4]. Ich möchte aber meine eigenen Eindrücke präsentieren, die von jeglicher späteren Ernüchterung verschont blieben, wie sie fast zwangsläufig eingetreten wäre, wenn ich das Theater als Karriere gewählt hätte.

Schlemmer war eher der über allem schwebende gute Geist als der Meister im Sinne einer alleinherrschenden erfahrbaren Autorität. Er stellte die Gesamtheit „Mensch“ in den Mittelpunkt seiner grundlegenden Welt: Das innere Gerüst – Das Kostüm, um Dimensionen und Bewegungsrichtung zu formulieren; die Maske, für den psychologische Ausdruck. Das äußere Gerüst – der Raum der Bühne, die Bühnenarchitektur, die alles andere und weit mehr als bloße Dekoration darstellte. Der „Mensch“ diente dazu, die „Architektur“ auszudrücken; die „Architektur“ drückte die Dimensionen, die Bewegungen, das Leben des „Menschen“ aus. Klares und kräftiges farbiges Licht oder schwaches und rätselhaftes Glühen erschufen und gestalteten den Bühnenraum; Klang, rhythmisch unterstützende Aktion oder nur angedeutete Handlung in einer abgedunkelten Szenerie – all das gehörte zu den Grundelementen der Produktion.

Theorien sind mehr oder weniger leicht zu schreiben, aber die spannende und prickelnde Atmosphäre bei den Aufführungen ist schwer in Worte zu fassen. Die Auftritt einer Gestalt in Weiß und Schwarz, in präzisen, ausdrucksstarken Bewegungen, auf einer völlig schwarzen Bühne, deren Diagonalen mit weißen Bändern durchzeichnet sind, die Szene spärlich und geheimnisvoll beleuchtet und mit dem Klang einer Trommel gefüllt – all dies zusammen erschuf ein bedeutendes Ereignis. Selbst die leichteste Bewegung war bemerkenswert, der geringste Lichtwechsel, die kleinste Änderung des Trommelschlags erzeugten Spannung [5].

Andere Klänge; dann andere Gestalten, die einen Hocker, eine Trittleiter und einen riesigen weißen Globus hereintragen; auf der Bühne werden die Objekte bewegt und platziert, mit rhythmischen Bewegungen umtanzt; die Farben – rot, gelb, blau, schwarz und weiß (grün galt nicht als Lokalfarbe); die Töne – die Trommel, der Tom-Tom, das Becken, ein Rasseln, Pfeifen, Surren, Summen, Dröhnen ein Tick-Tack-Geräusch; die Bewegungen – gestelztes Treten, Hocken, Springen; langsame Rotation; die Masken – volle runde, eiförmige Köpfe statt einfacher Gesichtsmasken, mit großen ägyptisch anmutenden Augen, in Rot, Gold und Metallic-Blau; die Kostüme – Barockstrumpfhosen, ausgestopft, um die Kurven und Proportionen der menschlichen Figur in grotesker Uniformität zu pointieren – dies sind einige der Elemente, die nach meiner Erinnerung den „Tanz der Gesten“ oder „Gestentanz“ bildeten [6].

Diese und ähnliche Kostüme und Requisiten waren die Bausteine für andere Kreationen. Der Hauptzweck bestand immer darin, Formen, Raum und Bewegung aus ihrem hergebrachten, ihrem literarischen Kontext zu befreien und diese Grundelemente [der Bühneninszenierung] wieder in ihren ursprünglichen Bedeutungszusammenhang zu bringen. In der kollektiven Arbeit wurde die Grundlage einer Bauhaus-Choreografie entwickelt und zusammengestellt. Diese Arbeit sollte später das gesprochene Wort und letztendlich die Musik einschließen, um das Theater umfassend als Gesamtkunstwerk zu präsentieren, komponiert aus [allen Elementen der Bauhaus-Lehre von] Tanz, Pantomime, gesprochenem Text, über Partituren, Drehbücher bis hin zur Herstellung und zum Einsatz von mechanischen Gerätschaften.
Es gab Aktivität im Überfluss: Proben und Improvisationen reichten oft bis in die frühen Morgenstunden. Bedauerlicherweise blieb zu wenig Zeit, um diese Fülle von Schaffenskraft zu dokumentieren. Die Farben, das Leben und die Fröhlichkeit, die unsere Arbeit in den Bauhaus-Betrieb einbrachte, sind Vergangenheit, zusammen mit anderen Dingen – aber ich bin sicher, dass sie irgendwo, irgendwann, in anderer Form wieder auferstehen werden, ebenso aufregend und ebenso bedeutungsvoll.

Meine besondere Vorliebe galt dem Herstellen von Masken, und, nachdem ich einige gemeinschaftlich geplante Entwürfe ausgeführt hatte, ging ich dazu über, meinen eigenen Schöpfungen Form zu geben. Natürlich passierte das im Einklang mit den gemeinschaftlich begründeten Regeln. Unsere Technik, mit Pappmaché zu arbeiten, wurde zu einem hohen Perfektionsgrad entwickelt. Auch habe ich, nach dem Studium japanischer Nô-Masken, die uralte Kunst des Maskenschnitzens wiederbelebt. Erfolgreich habe ich ausreichend leichte und doch substantielle Masken hergestellt, die auf der Bühne genutzt werden konnten [7]. Einer der unvergessenen Höhepunkte jener Tage war bei einem Bauhaus-Fest, als Oskar Schlemmer bei einer Solo-Improvisation im Smoking meine soeben fertiggestellte schneeweiße Maske vor sein Gesicht hielt [8].

Die Theorien des Bühnenhandwerks wurden im Seminarstil in informellen Kursen unterrichtet, die manchmal im Freien auf dem Dach des Bauhauses stattfanden. Formellere Kurse waren Zeichnen und Stillehre bei Schlemmer, ein kunsthistorischer Kurs, der sich mit der Darstellung der menschlichen Figur von Albrecht Dürer bis heute befasste, und Xanti Schawinskys Klasse über Theorie und Praxis des Bühnenbildes, in der er uns den Nutzen seiner Erfahrungen bei der Anwendung der Bauhaus-Ideen auf das Freilichttheater mit seinen spezifischen Problemen zum Besten gab. Dann gab es die allgemeineren Themen, die für alle Klassen erforderlich waren: Aktzeichnen, geometrische Darstellung, Entwurfszeichnung und Blaupausen sowie Materialkunde unter den Gesichtspunkten Herstellung und Gestaltung.

Die Bauhaus-Kapelle

Die Bauhaus-Kapelle hatte ihre Ursprünge im Umfeld der Bauhaus-Bühne und steht in meinen Erinnerungen an die zwanziger Jahre an erster Stelle.
Ich war erst fünfzehn, als ich sie zum ersten Mal hörte. Es war auch das erste Mal in meinem Leben, dass ich etwas hörte, das als „Jazz“ beschrieben wurde, denn die Bauhaus-Kapelle wurde als Jazz-Band bezeichnet, was für ihren frühesten Entwicklungsstand allerdings nicht ganz der richtige Begriff war.
Es passierte bei der privaten Feier eines wohlhabenden Herrn in Hellerau bei Dresden, einem Ort, an dem die Schule untergebracht war, in der ich mein letztes Jahr vor dem Bauhaus verbracht hatte. Hier beendete ich meine Schulausbildung in einem, ganz im Gegensatz zu Weimar, freundlichen Umfeld, in dem ich mich wohl fühlen konnte.
Die Kapelle überwältigte mich ohne jegliche Vorwarnung. Bei früheren Bauhaus-Bällen gab es ein Klavier oder ein Akkordeon, die mehr oder weniger gekonnt gespielt wurden – nichts besonders Aufregendes also. Doch dies hier war unvergesslich!

Ich frage mich oft, wie die gleiche Musik, gespielt von der gleichen Besetzung, heute wohl klingen würde? – Oh, es war ein wundervolles Erlebnis, an das ich mich nach zweiundzwanzig Jahren aller möglichen anderen Abenteuer klar und deutlich erinnere. Es ist beinahe unmöglich, die schlichte Instrumentierung oder die einfachen Melodien zu beschreiben. Ich will es dennoch versuchen. Es waren das Feuer und der Wille, die diese Jungs in ihre einfachen, musikalischen Ausdrucksformen einfließen ließen.
Es war primitiv und bezaubernd. Die Fülle der vielen Schlaginstrumente, mit denen eine Melodie betont wurde, eine Melodie, die einfach und kraftvoll genug war, um das Stampfen, Rasseln, Klopfen und Hämmern von Trommeln, Snaredrums, Tom-Toms, von Tamburin, Tympanon und Teufelsgeige zu durchdringen. Ihre Präzision war die einzige Kontrolle für das orgiastische Delir.

Die Melodien würde ich - im Vergleich zur späteren, von mir mitgestalteten Musik - als schlichte Tänze, ja, als Volksmusik bezeichnen. Es ist unmöglich zu sagen, wie alt einige dieser Melodien waren.
Die melodieführenden Instrumente waren das Klavier (manchmal durch Einsetzen von Reißnägeln in die Hämmer respektlos manipuliert und als Perkussionsinstrument verstärkt) und eine sogenannte Swanee-Whistle, dieses eigentümliche röhrenförmige Blasinstrument, bei dem Modulationen des Grundtons durch einen verschiebbaren Kolben erreicht werden. Durch ein kontinuierliches Flattern des Handgelenks entsteht ein zwitschernder Ton, melancholisch und bluesartig im tiefen Register, aber ekstatisch und hysterisch im hohen. Es gab auch ein Flex-a-Tone, ein Gerät, das aus zwei Holzklöppeln besteht, die gegen ein biegsames Stahlblech schlagen. Der Ton wird dabei durch Spannen oder Entspannen des des Blechs mit der haltenden Hand moduliert, während die Klöppel durch schnelles Schütteln des Instruments betätigt werden. Ich sehe immer noch Xanti [Schawinsky] vor mir auf einem hohen Sockel sitzen, wie er mit seinen riesigen leuchtenden Zähnen auf das Mundstück der Swanee-Flöte beißt; mit der einen Hand pumpt er deren Kolben, mit der anderen schüttelt er verzückt das Flexaton – die Personifizierung des kontrollierten Delirs.

Es gab eine beeindruckende Auswahl an großen und kleinen Trommeln. Dabei handelte es sich jedoch nicht um die glitzernden, teuren, perlmuttern opalisierenden Plastikgebilde, die wir heutzutage mit Tanzorchestern assoziieren. Dies waren heisere, kräftige und teilweise hausgemachte, einfache Trommeln. Aber kein Gene Krupa [9] hat seine Trommelfelle jemals gnadenloser und ausdauernder geschlagen, als diese ehrlichen Häute es aushalten mussten. Ihre Musik ging sozusagen direkt unter die Haut; es gab kein Entkommen, außer wegzurennen. Und man hätte weit rennen müssen, denn ich erinnere mich an den Klang der großen Trommel, die über die sonst stillen, nächtlichen Felder rund um das Dessauer Bauhaus dröhnte, alles zu übertönen imstande.

Ein Instrument, das als „der Frosch“ bezeichnet wurde, war ein hausgemachter Vorläufer der Fußmaschine von Schlagzeugern. Es war eine kräftige Schere aus zwei klappbaren Hartholzbrettern, die von einer starken Spiralfeder auseinandergedrückt wurden. Jedes Brett war rot gestrichen und innen mit einem Becken versehen. Um den Federdruck zu überwinden, musste man hart mit dem Fuß zutreten, was zu einem sagenhaft krachenden Schlag führte. Der Frosch war launisch und sprang, wenn er falsch getreten wurde, in einem mächtigen froschartigen Sprung vom Schlagzeuger weg.

Das bereits als „Teufelsgeige“ erwähnte Gerät, auch lautmalerisch als „Bummbass“ bezeichnet, verdient eine Beschreibung, die der Herausgeber oder Zensor hoffentlich nicht von diesen Seiten entfernen wird. Sein Körper war eine kräftiger Schaft von etwa ein Meter achtzig Länge, der am unteren Ende mit einem festen Gummifuß und am oberen Ende mit einem kleinen Messing-Tympanon ausgestattet war, das lose auf einer Latte saß.
Etwa ein Drittel über dem Boden war ein kleiner Trommelkörper mit einem Fell angebracht. Darüber, am Schaft, befand sich eine hohe Brücke, die der einer Bassgambe ähnelte. Ein fester Draht wurde vom Fuß des Schafts über die Brücke bis zum Kopf gespannt. Ein kleiner gebogener Metallarm saß auf dem Draht, wo er über das Trommelfell führte, und war am Ende mit einem kleinen Hartholzknopf versehen, der das Fell berührte.
Der „Geigenbogen“ war ein Stück Holz, ungefähr ein Meter lang, mit pyramidenförmig ausgesägten Zinken. Der Spieler (oder sollte ich sagen, Bediener?) hielt den Bumbass in einer Hand, hob und schlug ihn mit der Musik auf den Boden (Downbeat) und zog den „Bogen“ über den Draht (Upbeat). Jeder Studienanfänger im Fach Mechanik wird sofort verstehen, dass der gezinkte Bogen dem Draht eine rasante Vibration verlieh, die eine ebenso rasante Serie von kurzen Schlägen des Metallarms auf das Trommelfell verursachte. Der dumpfe Aufprall des Gummifußes auf den Boden, überlagert durch das Klappern des Tympanons am Kopf (das – ich vergaß – außerdem mit vier kleinen Schlittenglocken besetzt war) und das Kratzen und Schlagen des Bogens auf dem Draht erzeugten in den Händen eines geschickten Musikers einen unerwarteten Klangreichtum.
Eine geniale Erfindung, die bedauerlicherweise im Jazz unentdeckt blieb.

All diese Erfindungen wären jedoch nichts ohne das göttliche Feuer, von dem die Musiker besessen waren. Es war Maschinenpoesie in Humanform. Vielleicht würden heutige Zuhörer die Form als inhuman bezeichnen, wobei unsere Ohren von jahrelangem coolem, kommerziellem Swing verklebt sind, der uns die Klänge dieser raueren Pioniertage verschließt. Das einzig versöhnende Element dieser mechanisierten Musik war die Qualität der Melodie.

Die frühen Melodien des Bauhauses waren ungarischen, russischen, allgemein slawischen Ursprungs; es gab auch viele schöne alte hebräische Melodien. In diesem Zusammenhang wäre es ein Verbrechen, den Namen Andreas [Andor] Weininger nicht zu erwähnen, der mehrere Jahre lang die Seele der Kapelle war, der beste Interpret und Arrangeur dieser Art von Melodien, den die Kapelle jemals hatte. Immer nahm die Bauhaus-Kapelle von ihren verschiedenen Mitgliedern, was sie bekommen konnte. Später, als das Bauhaus mehr Verbindungen zur westlichen Welt pflegte, wurden amerikanische Melodien auf natürlichste Weise in das Repertoire aufgenommen. Ebenso wurden einige französische Stücke, wie sie im Bal Musette und im Bal Nègre zu hören sind, zu Nummern in unserem Programm. Ich erinnere mich an einige Namen: „La Vrai Java", „Le Houppa-Houppa“ [10], „Je cherche après Titine“.

Nichts konnte meine Entschlossenheit, früher oder später der Kapelle beizutreten, erschüttern. Meine Entscheidung stand in traumwandlerischer Sicherheit bereits fest, als ich erstmals gebannt diesen vier Männern in ihren roten, gelben, blauen und weißen Hemden zuhörte und sie beobachtete. Ungefähr zwei Jahre später erfüllte sich dieser Wunsch.
Die Kapelle hatte in der Zwischenzeit eine Evolution durchlaufen. Ihre Besetzung hatte sich geändert, ebenso wie die Instrumentierung. Neu war insbesondere ein Banjo, das von Clemens Röseler bewundernswert gut gespielt wurde. Er wurde mein Lehrer für dieses Instrument und später mein bester Freund, bis zu seinem äußerst frühen Tod im Jahr 1934. Meine tiefe Freude, als ich das Banjo zum ersten Mal hörte, war in Intensität und Wirkung vergleichbar mit dem Moment, als ich die Kapelle zum ersten Mal hörte. Anlass war jetzt die Einweihung des Bauhausgebäudes im Dezember 1926 [4.12.1926] und Ergebnis war ein weiterer Entschluss: „Das ist was für mich“, sagte ich mir [11].

Ich möchte die nächsten Jahre des Geschehens ganz kurz zusammenfassen. Die vielversprechende Entwicklung der Band wurde grob abgebrochen, ebenso jäh wie alle anderen zukunftsweisenden Verheißungen, die das Bauhaus seinem leider undankbaren und blinden Land geschenkt hatte.

Was mich im Nachhinein fasziniert, war das Überspringen des Funkens des echten Jazz, des einzig wahren Blues-Jazz, von New Orleans nach Dessau. Denn genau das war es, was mit Röselers Ankunft in der Band stattfand. Wir spielten noch immer die östlichen Melodien. Aber dieser Mann, der noch nie außerhalb Deutschlands gewesen war, hat den Blues ganz natürlich und instinktiv empfunden und gespielt. Ich kann es nicht beweisen, Sie müssen es jemandem glauben, der Louis Armstrong, Johnny Dodd, Sidney Bechet und Jellyroll Morton als unsterbliche Beiträge zur Musik der Welt betrachtet. Clemens spielte das Banjo – (wo hat er es gelernt? er war Autodidakt) – im Stil von Johnny St. Cyr, Armstrongs Banjo-Spieler. Später lernte er in vier Wochen Posaune spielen. Er schrieb Arrangements für die gesamte Band [12]. Er spielte Klavier (nicht in der Band) und gestaltete seinen Stil nach dem des Pianisten (ich wünschte, ich hätte seinen Namen [13]) der Gruppenaufnahme von 1925 unter dem Namen „The Goofus Five“.

Schier unbegreiflich erscheint mir noch heute das Mysterium dieses triumphalen Einzugs dieser amerikanischen Kunstform nach Europa, trotz aller Hürden, gegen alle Wahrscheinlichkeit. Und dennoch fand er statt. Und das macht mir Hoffnung! Kunst wird jede Chance nutzen, um auf die Reise zu gehen, und wo immer sie aufgenommen wird, trifft sie mit allen anderen guten und nützlichen Gedanken auf offene Türen.

In diesem Land, in dem wir sowohl mit gutem als auch mit schlechtem Jazz überhäuft sind (zumeist letzterem), fällt es uns schwer zu verstehen, welche Rolle diese Musikform in den zwanziger Jahren in Deutschland gespielt hat. 1929 bezeichnete sich die Bauhaus-Kapelle als Jazzband. Bis dahin hatten wir eine Grundinstrumentierung von (1) Altsaxophon, (2) Klarinette, (3) Posaune, (4) Klavier, (5) Schlagzeug. Nr. 1 spielte auch das Sopransaxophon; Nr. 2 und Nr. 3 konnten jeweils die Banjo-Sektion verstärken. Wir hatten also eine Vielzahl möglicher Kombinationen [14].
Wir reisten durch ganz Deutschland, um auf Bällen und Festen zu spielen. Die Leute liebten uns oder sie hassten uns. Beides mit Inbrunst. Wir wurden als die kleinste Big-Band in Europa gefeiert oder mit Beinamen wie den folgenden (deren Echtheit verbürgt ist) belegt: „Die Jüdisch-Marxistischen, Jazz-, Nigger- und Bauhaus-Kulturbolschewisten.“

Dieses Kapitel abschließend, fasse ich zusammen: Sowohl in der Kapelle als auch im Bauhaus insgesamt nahm eine sich ständig verändernde Gruppe junger Menschen an der Entwicklung neuer Kunstformen teil. Diese Entwicklung beruhte auf authentischem Wachstum, nicht auf Nachahmung.
Was meine eigene, formbare Person betrifft, betrachte ich diese Erfahrung als die freiwillige Verschmelzung des Individuums mit der Gruppe, motiviert durch das Wissen, dass jeder einzelne durch seinen Beitrag dem Zusammenspiel der gesamten Gruppe ihre Bewegung verleiht und im Austausch dafür von ihr bewegt wird. Zu denen, die dies bezweifeln, sage ich: Sie können den Jazz nicht anders spielen – Sie können auch kein Ballspiel anders spielen.


Fotografie

Während meines Studiums gab es am Bauhaus keinen Fotokurs. Allerdings hatte ich bereits vorher einige praktische Erfahrung mit der Fotografie gesammelt. Ein paar Jahre später, nachdem mir der ehemalige Bauhaus-Student Otto Umbehr (Umbo), der sich als Vollzeit-Fotograf einen Namen gemacht hatte, etwas Schützenhilfe gegeben hatte, stellte ich zu meiner großen Überraschung fest, dass ich entdeckt worden war. Darauf ging ein Goldrausch los, und meine völlig unbewussten und durchaus nicht hochkarätigen Bilder bekamen plötzlich einen marktfähigen Wert. Diese Entwicklung geht auf das Jahr 1926 zurück, und zu dieser Zeit begann die fotografische Illustration von Zeitungen und Zeitschriften. Einige Jahre lang erschien meine Arbeit in vielen illustrierten Magazinen und internationalen Ausstellungen [15].

Das Museum of Modern Art erwarb über Alfred Barr, Jere Abbott und P. [Philipp] Johnson Fotografien von mir. Es wurde mir versichert, dass meine Werke zur fotografischen Avantgarde zählten. Ich gebe zu, dass dies der Fall sein könnte, wenn ich bewusster an einer solchen Bewegung teilgenommen hätte [16].

Meine Prinzipien waren äußerst unkompliziert: Ich zielte auf Dokumentation, den Ausdruck des Moments größter Konzentration. Ich bevorzugte natürliches Licht und arbeitete mit einfachen Geräten. Fast die gesamte Dokumentation des Bauhauslebens, die ich in meinen fotografischen Arbeiten von 1926 bis 1930 zusammengebracht hatte, ist unwiederbringlich verloren gegangen.

Mein sehr reales und dringendes Interesse an der Fotografie wandelte sich zu einem ebenso starken, stetigen Drang zum Malen. Dieser ergriff mich kurz nach meinem Abschluss am Bauhaus im Jahr 1929. Bald wurde meine Fotografie (die ich noch praktiziere) in eine Nebenrolle verbannt, die sie seitdem spielt [17]. Man kann nicht zwei Herren gleichzeitig dienen.

Mit der Ankunft der Malerei in meinem Leben glaube ich, dass die prägenden Bauhausjahre ihren natürlichen und logischen Abschluss fanden. Was nach dem Bauhaus kam, war die individuelle Entfaltung, gestärkt durch eine frühe Schulung von einzigartiger und unvergesslicher Natur, für die äußere, weite Welt.


T. Lux Feininger
Mai 1947, New York, NY

© The Estate of T. Lux Feininger

Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Nachlasses von T. Lux Feininger, Westport, MA

Übertragen aus dem amerikanischen Englisch Matthias Schossig, transMedia, Berlin, 2020
Kritische Durchsicht Siegfried B. Schäfer
Transkript Cecilia A. M. Witteveen
www.kunst-archive.net/ www.art-archives.net, Düsseldorf, 2020


ANMERKUNGEN:

[1] Noch vor dem Abitur wechselten T. Lux Feininger und sein Bruder Laurence vom ungeliebten Gymnasium in Weimar zur an Reformpädagogik orientierten Neuen Schule in Hellerau bei Dresden, und besuchten sie bis zum Frühjahr 1925. 1926 erfolgte der Umzug der Famile nach Dessau. Zum Wintersemester 1926 beginnt T. Lux Feininger sein Studium am Bauhaus Dessau mit dem Vorkurs bei Josef Albers.

[2] Dessau. Die Bauhaus-Meister Lyonel Feininger und Laszlo Moholy-Nagy bewohnten je eine Doppelhaushälfte eines der Meisterhäuser an der Burgkühnauer Allee:
https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works?v=grid&hpp=25&start=0&group=type&filter=all&medium=&categories=&q=meisterh

[3] Flaggen vor dem Bauhaus in Dessau: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works/blick_nach_oben_nordwand_des_werkstaettengebaeudes_mit_zwei_bauhaus_flaggen/type/all

[4] Bauhaus 1919-1928, ed. Herbert Bayer, Walter Gropius, Ise Grupius, The Museum of Modern Art, New York, 1938: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/literature?q=bauhaus+1919-1928

[5] Beschrieben ist hier die “Bodengeometrie“, eine Szene, die im Rahmen eines Programms gezeigt wurde, das in verschiedenen szenischen Demonstrationen die systematische Erforschung der formalen Bühnen-Elemente zusammenfasst; weitere Erläuterungen bei den jeweiligen Werken/Fotografien: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works?v=grid&hpp=25&start=0&group=type&filter=all&medium=&categories=&q=figur+im+raum

[6] Von Szenen aus Oskar Schlemmers „Gestentanz“ sind keine Fotografien von T. Lux Feininger bekannt; Fotografien des „Formentanzes“ sind im Werkverzeichnis dokumentiert; weitere Erläuterungen bei den jeweiligen Werken/Fotografien: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works?v=grid&hpp=25&start=0&group=type&filter=all&medium=&categories=&q=formentanz

[7] Masken von T. Lux Feininger, fotografiert von T. Lux Feininger; weitere Erläuterungen bei den jeweiligen Werken/Fotografien: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works?v=grid&hpp=25&start=0&group=type&filter=all&medium=5&categories=&q=masks+by+t.+lux+feininger

[8] Die weiße Maske, Fotografie, Gemälde: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works/maske_der_bauhaus-buehne/type/all

[9] Eugene Bertram „Gene“ Krupa (Chicago/Ill. 1909 – 1973 Yonker/N.Y.), berühmter amerikanischer Jazz-Schlagzeuger und Bandleader, der mit langen Schlagzeug-Soli zum ersten Star des Schlagzeugs wurde.

[10] Eine Melodie mit diesem Titel konnte nicht ausfindig gemacht werden, möglichweise bezieht er sich auf ein Chanson der in den 1930er Jahren populären französischen Sängerin La Houppa, die mit volkstümlichen Chansons Erfolge feierte.

[11] T. Lux Feininger hat die Bauhaus-Kapelle verschiedentlich fotografiert, auch mit Selbstauslöser; weitere Erläuterungen bei den jeweiligen Werken/Fotografien:
https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works?v=grid&hpp=25&start=0&group=type&filter=all&medium=5&categories=&q=bauhaus+band

[12] Seinen Freund und Mentor hat T. Lux Feininger mehrfach fotografiert, auch ein Portrait mit Banjo ist darunter: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works?v=grid&start=0&q=r%C3%B6seler&group=type&filter=all&hpp=50&medium=5&categories= . Die Posaune Röselers verewigte der Künstler in einem Ölgemälde, das heute im Bauhaus-Museum Weimar hängt: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works/stilleben_mit_posaune/type/all . Die Hochzeit in Koblenz: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works/die_hochzeit_von_coblenz/type/all und den frühen Tod seines Freundes: https://www.kunst-archive.net/de/wvz/t_lux_feininger/works/seebestattung/type/all hat er ebenso mit Gemälden gewürdigt.

[13] Es handelt sich vermutlich um Teddy Wilson (Theodore Shaw Wilson, Austin/TX 1912 – 1986 New Britain/CT) der als einer der wichtigen US-amerikanischen Jazzpianisten gilt.

[14] Besetzung der Kapelle 1929: (1) Xanti Schawinski, as, ss; (2) Lux Feininger, cl, bj; (3) Clemens Röseler tp, bj; (4) Eddie Collein, p (später auch: Friedhelm Stenger, p); (5) Ernst Egeler, dr. Naturgemäß veränderten sich die Besetzungen im Laufe der Zeit. 1927 ist Andor Weininger noch am Klavier, u. a. sind Werner Jackson (Isaaksohn) am Schlagzeug, Heinrich Koch am 'Bumbass'.

[15] Otto Umbehr, als „Umbo“, selbst bei der Berliner Fotoagentur DEPHOT (Deutscher Photodienst) unter Vertrag, vermittelte einen Vertrag für T. Lux Feininger, der fortan regelmäßig Fotografien nach Berlin schickte; über DEPHOT wurden zahlreiche seiner Fotografien vermittelt, u. a. an die Brüsseler „Variétés“, 1929, oder „Die Woche“ 1929, 1930; siehe unter LITERATUR.

[16] Der Erwerb von Fotografien durch MoMA-Direktor Alfred Barr und das Interesse des MoMA an seiner Fotografie während der Bauhaus-Zeit war für T. Lux Feininger Anlass, mit diesem 1947 verfassten Essay seine Beziehung zum Bauhaus zu formulieren.

[17] Das fotografische Oeuvre T. Lux Feiningers teilt sich zeitlich in drei Phasen: Frühe und spätere Arbeiten in Deutschland, mit der wichtigen Dokumentation des Lebens am Bauhaus. Die Vorkriegszeit in den USA, während der er sich der Erkundung New Yorks widmet. Und schließlich die Wiederaufnahme nach Ende des Zweiten Weltkriegs, die durch künstlerische Experimente geprägt ist.
[VITA 1925/1945: Berühmt werden seine Fotografien der Jahre 1925-1936 wegen des neuen unverkennbaren Blicks. Philip Ursprung erkennt "eine entspannte und spielerischere Auffassung von der Kamera" und stellt fest: "In seinen Fotografien verwandelt sich das Bauhaus von einem Raum der Ausbildung zur Bühne eines Lebensstils" [2017, siehe: TEXTE]. - Nach der Ankunft des Künstlers in den USA und bis zum Eintritt in die United States Army, in den Jahren 1936-1942, entstehen Fotografien hauptsächlich in New York; sein Blick bleibt auf die Menschen gerichtet, ist aber auch fasziniert von Fahrzeugen, Maschinen, Hafenanlagen. - Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpft er daran an und erweitert sein fotografisches Schaffen um künstlerische und technische Experimente, 1945-1958.]

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